Casual Connect: Von virtuellen Bananen und goldenen Nasen

Auf der Fachmesse in Hamburg stellten Spielentwickler ihre neuesten Konzepte für Mobilgeräte und Browser vor. Vor allem vorgebliche kostenlose Spiele mit virtuellem Obst sollen die Kassen füllen.

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Von
  • Peter Kusenberg

Vom 12. bis 14. Februar 2013 fand in Hamburg zum fünften Mal die Spiele-Fachmesse Casual Connect statt, auf der Anbieter von Mobil-, Browser- und Gelegenheitsspielen ihre neuesten Konzepte vorstellten. Die rund 80 Fachvorträge konzentrierten sich auf das Hauptthema Free-to-Play: Wie kann man Spiele kostenlos verteilen und anschließend mit ihnen einen möglichst großen Gewinn einfahren. Im Ausstellerbereich wirkten klassische Vertriebsfirmen wie Rondomedia/Astragon und S.A.D. mit ihren DVD-Regalen wie die letzten Dinosaurier zwischen den erstarkten Free-to-Play-Anbietern wie King.com, Game Duell und Bigpoint.

Frauen und Kinder zuerst: Männlichen Hardcore-Spielern sind Schlagwörter wie "Free-to-Play" nach wie vor suspekt.

(Bild: Peter Kusenberg)

Die Free-to-Play-Anbieter treibt vor allem die Frage um, wie sie Spieler und Kunden langfristig an sich binden können. Der Flash-Spiel-Anbieter King.com zeigte den spielerisch schlichten Match-3-Titel "Kandy Crush" als erfolgreiches Turnierspiel, bei dem die Spieler Geldbeträge einsetzen. Karina Tietje von King.com betonte den unkomplizierten Einstieg: "Die Leute benötigen keine Anleitung." Dabei sei der Anteil von Spielern, die tatsächlich Geldbeträge einsetzen, verhältnismäßig hoch, denn King ziele nicht auf Kinder und Teenager ab: "70 bis 80 Prozent unserer Spieler sind Frauen im Alter zwischen 25 und 55. Diese Altersgruppe ist mit einem soliden Budget ausgestattet, die können Konten eröffnen und sind bereit, Geld auszugeben."

Über die Fallstricke des Freemium-Modells klärte Ben Sipe von der US-Beratungsfirma W3i auf. Free-to-Play-Anbieter sollten grobe Techniken vermeiden, etwa aufdringliche Werbebanner, Facebook-Spamming und Pay-to-Play, bei dem der Nutzer das Spiel nur fortsetzen kann, wenn er einen Geld-Betrag zahlt. "Tricks verärgern den Spieler, damit verspielt der Hersteller alle möglichen Sympathien", sagte Sipe. Timo Dries, Produktmanager bei Wooga Games erklärte technische und gestalterische Tricks, um die Aufmerksamkeit der typischen Casual-Spieler zu erheischen: "Wie müssen nicht allein mit Zynga und King.com um ihre Aufmerksamkeit buhlen, sondern auch mit lustigen Videos an der Facebook-Pinwand" Dass der grundsätzliche Zugang zu den Spielen kostenlos sein müsse, steht für Dries außer Frage.

Banana Kong: Dutzende von Euros für virtuelle Bananen.

(Bild: FDG)

Auch Philipp Döschl, Geschäftsführer des Münchner Spiele-App-Herstellers FGD Entertainment ("Parachute Panic", "Banana Kong") sieht die wirtschaftlichen Vorteile des kostenlosen Spiele-Vertriebs: "Als traditionellem Zocker blutet mir ein wenig das Herz bei Free-to-Play, doch dieses Geschäftsmodell macht 80 Prozent des Umsatzes im Mobilmarkt aus." Rational verhalten sich die Nutzer dabei nicht: "Die Leute weigern sich, 89 Cent Festpreis für ein Spiel zu zahlen, doch dann geben sie Dutzende Euros für virtuelle Bananen und Diamanten aus", sagte Döschl im Gespräch.

Interessante Spiele ließen sich an den Tischen der Independent-Entwickler besichtigen. So wurden in einem Messe-internen Wettbewerb fünf Spiele ausgezeichnet, darunter das stilvolle The Silent Age der Firma House on Fire, das gleichermaßen ansehnliche Nihilumbra von Beautifun Games sowie das witzige Flash-Spiel Haunt the House von Super Flash Bro.

Doch längst fokussieren sich nicht mehr alle Free-to-Play-Hersteller auf kleine, technisch bescheidene Spielchen. Der Hamburger Hersteller Splitscreen Studios erreichte mit seinem Browser-MMO "Dino Storm" fast ausschließlich über Mundpropaganda über eine Million Nutzer, wie Managing Director Timm Geyer betonte. Geld verdient die 22 Mitarbeiter starke Firma mit Ausrüstungsgegenständen, die allerdings rein kosmetisch sind. "Von Pay-to-win halten wir nichts", bekräftigte Geyer. Die 3D-Spielwelt in "Dino Storm" ist detailliert gestaltet und erreicht technisch das Niveau mittlerer Client-basierter MMOs.

Selbst acht Gigabyte große Client-Spiele werden heutzutage bevorzugt via Free-to-Play vertrieben, wie das aufwändig in China programmierte Fantasy-Martial-Arts-MMO Age of Wulin beweist, das abseits der Ausstellungshallen präsentiert wurde. Die offene Beta-Version soll Ende Februar 2013 in Europa starten. Dann können Spieler kostenlos eine weitläufige Welt erkunden, in der Schlachten mit bis zu 1300 Kämpfern möglich sein sollen. Geld müssen Spieler bezahlen, wenn sie besondere Ausrüstungsgegenstände erwerben oder Wartezeiten verkürzen möchten.

Free-to-Play-Anbieter wie Philipp Döschl von FDG glauben nicht an einen Erfolg der nächsten Konsolen-Generation.

(Bild: Peter Kusenberg)

Ein weiteres Thema auf der Casual Connect war die Synchronisierung des Spielerlebnisses via Smartphone, Tablet-PC und PC. "Die Leute spielen im PC-Browser und möchten die Partie am iPhone fortsetzen", erklärte Volker Dressel, Marketing-Chef des Hamburger Herstellers Innogames, der mit "Kartuga" ein technisch beeindruckendes Online-Action-Rollenspiel entwickelte. Er glaubt, dass Touchscreen-Geräte Konsolen und PCs den Rang ablaufen: "Ich glaube, dass das Tablet sich zur vornehmlichen Spieleplattform entwickeln wird." Ihm pflichtete Philipp Döschl von FDG Entertainment bei: "Ein Tablet-PC mit Tegra-4-Chip übertrifft hinsichtlich Leistungsfähigkeit jede Konsole. Free-to-Play-Software, Highend-Tablets und ein großer Flachbildfernseher: Das ist meiner Meinung nach die Zukunft des Spielens." (hag)