Gehackte Realität mit dem Image Fulgurator

Der "Apparat zur minimal-invasiven Manipulation von Fotographien" kann zu Irritationen in der Öffentlichkeit führen. Sein Erfinder, der Künstler Julius von Bismarck, erhielt dafür jetzt eine goldene Nica beim Prix Ars Electronica.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Jan-Keno Janssen

Dass Fotos nicht zwangsläufig die Realität abbilden, die man zu sehen glaubt, zeigt der Berliner Künstler Julius von Bismarck mit seinem "Image Fulgurator" – und gewinnt damit im Wettbewerb der Prix Ars Electronica eine goldene Nica in der Kategorie "Interactive Art". Bismarcks "Apparat zur minimal-invasiven Manipulation von Fotographien" verändert Motive in genau jenem Moment, in dem sie von jemandem fotografiert werden.

Die Funktionsweise ist recht simpel: Ein Sensor registriert, wenn ein Blitzlicht ausgelöst wird und projiziert dann für den Bruchteil einer Sekunde ein beliebiges Bild auf das Fotomotiv. Der Fulgurator besteht aus einer herkömmlichen Spiegelreflexkamera und einem Blitzgerät. Das zu projizierende Motiv befindet sich auf einem entwickelten Diafilm in der Kamera, als "Projektionslampe" wird ein Blitzgerät verwendet, das hinter der Kamera montiert ist.

In einem Video auf Bismarcks Website ist die Funktionsweise des Fulgurators in der Praxis zu sehen. Am Checkpoint Charlie in der Berliner Friedrichsstraße wird die Apparatur eingesetzt, um auf das berühmte "You are entering the American Sector"-Schild den Satz "Hundreds of people died last year by trying this at the US-Mexico border" (Hunderte von Menschen starben an der US-Mexikanischen Grenze, als sie genau das versuchten) zu projizieren – ganz zur Verunsicherung zahlreicher Touristen, die das geschichtsträchtige Schild (mit Blitz) fotografiert haben und danach ungläubig auf ihre Kameradisplays starren.

Julius von Bismarck, der an der Berliner Universität der Künste studiert, hat seine Erfindung bereits als Patent eingereicht. Damit will er verhindern, dass Unternehmen den Fulgurator für Werbezwecke einsetzen, erklärte Bismarck gegenüber heise online. Derzeit arbeitet er an einer digitalen Variante des Bildstörers.

Zu sehen ist der Prototyp des Image Fulgurator auf der CyberArts-Ausstellung im Rahmen des Ars Electronica-Festivals, das vom 4. bis 9. September in Linz stattfindet. (jkj)