Job-Karussell bei Daimler: Wer folgt Zetsche?

Der Vertrag von Daimler-Chef Zetsche läuft kürzer als erwartet. Damit dürfte sich auch die Frage nach seinem Nachfolger früher stellen. Für den bisherigen Kronprinzen Bernhard wird es allerdings eng

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Von
  • Florian Pillau

Daimler-Vorstand Wolfgang Bernhard gilt als einer der fähigsten Manager der Autobranche. Und doch muss er zum wiederholten Mal in seiner Karriere einen prestigeträchtigen Platz in der Chefetage räumen. Überraschend tauscht Bernhard, der lange als Kronprinz von Daimler-Chef Dieter Zetsche galt, seinen Posten als Mercedes-Produktionschef mit dem bisherigen Truck-Vorstand Andreas Renschler. Werden die Karten im Rennen um die Nachfolge von Zetsche jetzt neu gemischt?

Andreas Renschler, Dr. Dieter Zetsche, Bodo Uebber

(Bild: Daimler AG)

Gestiegen sind die Chancen für Bernhard zumindest nicht. „Ursprünglich war er mal in der Rolle des Kronprinzen“, sagt Autoexperte Willi Diez von der Hochschule-Nürtingen Geislingen. „Im Moment hat man nicht den Eindruck, dass es einen Kronprinzen gibt.“ Mit der Sache vertraute Personen bestätigen das. Bernhard habe bei den Arbeitnehmern keinen guten Stand, anderen Managern fehle hingegen der breite Überblick über die verschiedenen Unternehmensbereiche, heißt es. Und andere wiederum seien schlicht zu alt. Dabei scheint die Zeit besonders günstig, sich als Kandidat in Stellung zu bringen: Der Aufsichtsrat hat den Vertrag von Zetsche soeben nur um drei statt um fünf Jahre verlängert. Die Frage nach einem möglichen Nachfolger stellt sich damit also früher als erwartet.

Bodo Uebber

(Bild: Daimler AG)

Immer mal wieder falle der Name des Finanzvorstands Bodo Uebber, sagt Diez. „Hubertus Troska hat man auch eine sehr anspruchsvolle Aufgabe gegeben in China.“ Der einstige Glamour-Manager Bernhard hingegen habe sich unterdessen sehr aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. „Diese ganzen Jahre Hin und Her haben ein bisschen an ihm gezehrt“, sagt Autoexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. Intern rissen bei Bernhard derzeit „alte Wunden“ wieder auf. Das könnten andere Hoffnungsträger nutzen, um sich in Stellung zu bringen. Von alten Wunden hat Bernhard - der seinen eigentlichen Nachnamen Ayerle im Laufe seiner Karriere durch den Geburtsnamen seiner Mutter ersetzte - wahrlich genug. Wenn es um Sparmaßnahmen geht, macht ihm so schnell niemand etwas vor. Die Herzen der Mitarbeiter fliegen ihm damit allerdings nicht zu. So soll es auch die Arbeitgeberseite gewesen sein, die Bernhards Postenwechsel bei Daimler gefordert hat.

Dr. Wolfgang Bernhard

(Bild: Daimler AG)

Schon auf anderen Stationen seiner Karriere hatte sich der Manager mit Arbeitnehmervertretern überworfen - und dafür die Quittung bekommen. 2004 endete seine Zeit bei Daimler kurz vor seinem geplanten Antritt als Chef der Mercedes-Car Group wegen „Meinungsverschiedenheiten“. Auch VW musste er 2007 mitten in der Sanierung der Traditionsmarke wieder verlassen: Der in weiten Teilen der Belegschaft als „Hardliner“ verschriene frühere Chrysler-Sanierer hatte sich unter anderem mit der unverhohlenen Drohung, die Golf-Fertigung aus Wolfsburg ins Ausland zu verlagern, den Zorn der Beschäftigten zugezogen. Und nun also Trucks statt Limousinen. „Ich will nicht sagen, er wird abgeschoben“, sagt Bratzel. „Man hat aber das Gefühl, es geht nicht weiter.“ Zwar sei die Truck-Sparte auch ein wichtiger Bereich, die prestigeträchtigeren Themen lägen allerdings im Pkw-Umfeld. An sich sei so ein Job-Karussell allerdings nicht zu verachten: „Es hat natürlich kompetitiven Charakter: Wer bekommt die Sache besser in den Griff?“

Andreas Renschler

(Bild: Daimler AG)

Dass der neue Produktionschef Renschler im Rennen um die Kronprinzen-Rolle die Nase vorn habe, glaubt der Fachmann indes nicht. „Ich habe nicht gesehen, dass er sich da hervorgetan hat.“ Gute Chancen attestiert auch er Finanzvorstand Uebber. Dessen fehlendes Know-how als Ingenieur könne aber problematisch werden. Dass Bernhards Felle nun endgültig davonschwimmen, glaubt Bratzel ohnehin nicht. Es sei zwar nicht mehr so klar, wer die Nachfolge Zetsches antreten könne, sagt er. „Ich würde ihn jetzt aber nicht abschreiben.“ Letztlich könnte der Manager von der Entwicklung sogar profitieren: „Wenn man unterschiedliche Bereiche kennengelernt hat, ist das durchaus eine Qualifikation, auf den Chefsessel aufzurücken.“ Von Antonia Lange (dpa) (fpi)