Dell: Eine ähnlich große Baustelle wie HP

Während Firmengründer Michael Dell darum kämpft, sein Unternehmen von der Börse nehmen zu können, muss der Hersteller in Deutschland verlorenes Terrain zurückgewinnen. Eine maßgebliche Rolle sollen dabei ein ehemaliger HP- sowie ein neuer Channel-Manager spielen.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Damian Sicking

Von HP zu Dell: Klaus Rumsauer

Lieber Klaus Rumsauer, neuer General Manager bei Dell Deutschland,

da sind Sie nun also bei Dell gelandet, nachdem Sie erst vor wenigen Wochen bei Hewlett-Packard ausgeschieden sind. Ist ja immer ein bisschen komisch, wenn ein Manager so übergangslos zum direkten Konkurrenten wechselt. Gestern noch hatte man HP und die HP-Produkte über den grünen Klee gelobt ("Es gibt nichts Besseres!") und im kleinen Kreis auch mal schlecht über die Konkurrenz gesprochen. Und heute, von einem Tag auf den anderen, hat sich alles geändert. Plötzlich ist nicht mehr HP, sondern Dell der beste Hersteller der Welt ("Es gibt nichts Besseres!"), auch aus Sicht der Vertriebspartner. Hat man da ein Glaubwürdigkeitsproblem? Bei dem einen oder anderen Kunden oder Partner vielleicht schon, aber im allgemeinen vermutlich nicht. Jeder kennt das Sprichwort "Wes Brot ich ess, des Lied ich sing". Das gilt natürlich auch für Manager, vielleicht sogar gerade für sie. Und die wenigen unter uns, die das Sprichwort nicht kennen, sind auch nicht blöd. "Das muss der ja jetzt sagen", heißt es immer dann, wenn wieder ein Manager seine Firma und deren Produkte in den tollsten Farben malt.

Lieber Herr Rumsauer, Sie waren ja ganz schön lange bei HP. Wenn man Compaq dazu zählt, seit fast 20 Jahren. Zuletzt hatten Sie die Verantwortung für den Channel in der EMEA-Region. Jetzt gerade hat ja wieder das Treffen der weltweit ich weiß gar nicht wie vielen HP-Partner in Las Vegas stattgefunden, in diesem Jahr natürlich ohne Sie. Aber sicher haben Sie die Berichterstattung darüber mit Interesse verfolgt. Die Stimmung unter den Partnern nach der Rede von HP-Chefin Meg Whitmann soll ja ganz gut gewesen sein, aber das war sie auf der gleichen Veranstaltung im vergangenen Jahr auch. Sicher ist eins: Versprechen und Ankündigungen sind eine feine Sache, aber das Umsetzen von Versprechen und Ankündigungen sind eine noch feinere Sache. Vor allem mittel- und langfristig.

Lieber Herr Rumsauer, wie gefällt es Ihnen denn bisher so bei Dell? Das Unternehmen liefert ja momentan ebenfalls reichlich Schlagzeilen und steht, wenn man so will, auch in dieser Disziplin in direktem Wettbewerb zu HP. Bei Dell geht es natürlich in erster Linie um die Absicht von Firmenchef Michael Dell, das Unternehmen von der Börse zu nehmen. Warum ist das eine gute Idee? Die offizielle Story klingt gut: Weil man so in Ruhe und ohne lästiges Hineingequatsche von Analysten und Aktionären die Firma neu aufstellen kann. Zuerst sah es ja auch so aus, als ob der Plan reibungslos über die Bühne ginge. Doch inzwischen verstärkt sich der Widerstand. Ein paar Großaktionäre wollen ihre Zustimmung verweigern und fordern mehr Geld für ihre Firmenanteile. Kritiker meinen zudem, dass Michael Dell und seinen Finanziers mit dem Deal vor allem eins erreichen wollen: Ihre eigenen Taschen füllen. Böse Stimmen meinen sogar, dass Michael Dell ganz bewusst und absichtlich in den vergangenen Jahren nichts mehr in die Steigerung des Firmenwertes investiert habe, um die Company nun relativ günstig zurückkaufen zu können.

Ob das alles so stimmt, wer kann das beurteilen? Allerdings frage ich mich auch, warum es unbedingt nötig ist, Dell für eine Runderneuerung von der Börse zu nehmen. Zahlreiche börsennotierte Firmen haben ohne eine solche gravierende Maßnahme einen Turnaround hingekriegt. Bestes Beispiel: Dells großes Vorbild IBM. Auch Apple kann man in diesem Zusammenhang nennen.

Also ich bin gespannt, ob Dells Plan aufgeht. Sicher ist ja eins: Nämlich dass die Firma nicht so weitermachen kann wie bisher. Denn das Geschäft mit PCs und Notebooks läuft nicht mehr so wie früher. Weltweit und auch in Deutschland. Allein im vierten Quartal brach hierzulande Dells PC-Absatz über alle Formfaktoren um 35 Prozent gegenüber dem vergleichbaren Vorjahresquartal ein (Quelle: IDC). Das war der stärkste Rückgang aller in den Top-10 vertretenen Anbietern. Der Marktanteil ging entsprechend von über neun auf nur noch sieben Prozent zurück. Vor allem das Consumer-Geschäft im Weihnachtsquartal lief überhaupt nicht. 54,5 Prozent Absatzrückgang bei Consumer-PCs inklusive Notebooks waren alles anderes als ein schönes Weihnachtsgeschenk. "Dell rennen die Kunden davon", sind sicher keine Schlagzeilen, die Sie gerne lesen, seitdem Sie nicht mehr bei HP sind, lieber Herr Rumsauer.

Aber jetzt wird alles gut. Obwohl Sie persönlich sich ja weniger um die Privatkunden, sondern vor allem um Großkunden und die öffentlichen Auftraggeber kümmern sollen und wollen. Okay, auch hier ist viel zu tun. Aber offensichtlich hat man bei Dell erkannt, dass man unabhängig von der strategischen Neupositionieren verstärkt in gutes Personal investieren muss. Unter dieses Kapitel fällt nach meiner Auffassung auch die Entscheidung, Karl-Heinz Warum zum neuen Channel-Chef in Deutschland und damit zum Nachfolger von Thomas Bleeker zu machen. Der früherer Citrix-Geschäftsführer Warum war als Deutschland-Chef von Wyse überaus erfolgreich und hatte auch das Business mit Vertriebspartnern stark ausgebaut. Nach der Übernahme von Wyse durch Dell im vergangenen Jahr war Warum sozusagen in Wartestellung.

Lieber Herr Rumsauer, Dell ist zur Zeit sicher eine der interessantesten Firmen am IT-Markt. Ich bin sehr gespannt, was die nächsten Wochen und Monate bringen werden. Es gibt momentan eigentlich nur eine Firma, die ähnlich im Fokus steht: Ihr bisheriger Arbeitgeber HP.

Viel Erfolg bei der neuen Aufgabe!

Damian Sicking

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