Missverhältnis zwischen Lehrplanangebot und Nachfrage bei COBOL

Eine Befragung unter Lehrkräften aus über 100 Hochschulen hat wiederum offenbart, dass COBOL in den Lehrplänen kaum noch eine Rolle spielt, obgleich die Nachfrage nach COBOL-Programmierern steigt und noch weiter zunehmen wird.

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Von
  • Alexander Neumann

Der Cobol-Spezialist Micro Focus fordert, dass COBOL eine größere Rolle in den Lehrplänen einnehmen solle. Nur noch 27 Prozent der für eine Studie weltweit befragten Universitäten habe die Programmiersprache auf dem Lehrplan. Das steht in krassem Kontrast zur zunehmenden Nachfrage nach IT-Fachkräften mit COBOL-Kenntnissen, da die Generation, die noch mit der COBOL-Programmierung groß geworden ist, entweder schon in Rente gegangen ist oder schon bald aus dem Arbeitsleben ausscheiden wird. Das Anfang der 60er-Jahre entstandene COBOL gilt mit FORTRAN als älteste noch verbreitete Programmiersprache.

Für die Untersuchung hatte Micro Focus im Januar 2013 Lehrkräfte von 119 Universitäten befragt. Im Hinblick auf die generelle Bedeutung von COBOL meinten 71 Prozent, dass Unternehmen mindestens in den nächsten zehn Jahren weiter COBOL-Applikationen nutzen würden. Laut Micro Focus sind rund 70 Prozent aller Geschäftsanwendungen in COBOL geschrieben. Etwas mehr als die Hälfte der Befragten vermutete zudem, dass die Nachfrage nach COBOL-Fachkräften im gleichen Zeitraum steigen oder zumindest unverändert bleiben werde. Folglich sind 58 Prozent der Befragten der Ansicht, dass die COBOL-Programmierung zum Lehrplan gehören sollte.

Dem entgegen steht das geringe Angebot in den Lehrplänen der Universitäten. Bei nur 18 Prozent aller befragten Universitäten ist COBOL anscheinend ein fester Bestandteil des Unterrichtsangebots, bei 9 Prozent mit COBOL im Lehrplan stellt die Programmiersprache lediglich eine Wahlfachoption dar. Im Ranking der an Hochschulen gelernten Programmiersprachen spielt COBOL dementsprechend kaum mehr eine Rolle. Die Untersuchung hat ergeben, dass das Gros der Hochschulabsolventen vor allem Java-Programmierer waren, gefolgt von Entwicklern mit Kenntnissen in C# und C++. Das stützt eine Umfrage der iX vor vier Jahren, laut deren Ergebnissen unter deutschen Hochschulen vier Fünftel der Informatiklehrstühle Java als Einführungssprache lehren.

Um die Ausbildungssituation rund um COBOL zu verbessern, ist die große Mehrheit der Interviewten der Ansicht, dass Unternehmen und akademische Einrichtungen enger zusammenarbeiten sollten. 63 Prozent halten Fördermaßnahmen und Sponsoring-Aktivitäten von Unternehmen sowie Kooperationen für sehr wichtig. Solche Kooperationen, über die Firmen spezifisches und von ihnen benötigtes Know-how heranbilden möchten, hat es auch in Deutschland schon gegeben, doch ist es für Unternehmen auch angesichts guter Bezahlungsaussichten als COBOL-Programmierer grundlegend nicht einfach, Nachwuchskräfte für die als wenig attraktiv geltende Sprache zu finden.

Deswegen bieten Hersteller wie Micro Focus und Compuware in dem Bereich Tool-Integrationen für populäre Java- oder .NET-Entwicklungsumgebungen wie Eclipse und Visual Studio, mit denen sie einen einfachen Zugang in die COBOL-Programmierung versprechen. (ane)