Bundestag streitet über E-Justiz-Initiative

Die Opposition hat Korrekturen am Regierungsentwurf zur "Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs" angemahnt. Im Zentrum der Kritik stehen Vorgaben fürs geplante Anwaltspostfach, die Linke hält den Vorstoß für eine "Farce".

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Die Opposition hat Korrekturen am Regierungsentwurf zur "Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs" angemahnt. Geplant ist, den gerichtlichen Ein- und Ausgang von Post möglichst weit auf internetbasierte Kommunikationswege umzustellen.

Bei der ersten Lesung der Initiative im Bundestag am Donnerstagabend bezeichnte Edgar Franke von der SPD-Fraktion als problematisch, dass beim künftigen elektronischen Anwaltspostfach automatisch von einem Eingang dort eingelieferter Schriftstücke ausgegangen werden solle. Haftungs- und Sicherheitsaspekte dürften hier nicht einseitig durch Effizienzstreben infrage gestellt werden. Der Sozialdemokrat begrüßte zwar prinzipiell die im Raum stehende "Vereinfachung der Signaturerfordernisse und der Kommunikationswege", legte aber Wert darauf, dass eine bundeseinheitliche Regelung nötig sei, wenn der elektronische Rechtsverkehr verpflichtend werde.

Im Namen der Linken sprach Jens Petermann von einer "Farce". Die vorhandene Computertechnik sei an vielen Gerichten "derart veraltet, dass nicht einmal die einfachsten Spracherkennungsprogramme" auf den Rechnern liefen. Hard- und Software stammten aus dem "letzten Jahrhundert". Die Regierung versuche den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen. Nun sollten auch noch die Anwälte "digitale Phantasien des Staates" ausbaden, "ohne dass vorher sinnvolle Strukturen aufgebaut, technologische Standards verabschiedet und vor allem ein Mehrwert und eine Arbeitserleichterung erkennbar wurden".

Die Grüne Ingrid Hönlinger machte im Einklang mit dem Regierungsansatz "erhebliches Verbesserungspotenzial" bei der Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs aus. Der Entwurf werfe aber etwa beim Zivilprozessrecht oder beim Datenschutz Fragen auf. So sähen die Grünen die "Abkehr vom Standard der qualifizierten elektronischen Signatur" skeptisch. De-Mail sei nicht im gleichen Maße als "sicherer Übermittlungsweg" einzuschätzen. Die vorgeschlagenen Änderungen entsprächen im Punkt Barrierefreiheit auch noch nicht den Anforderungen der UN-Behindertenkonvention.

In den weiteren parlamentarischen Beratungen werde zu klären sein, ob sich das vorgeschlagene Verfahren rund um das elektronische Anwaltspostfach überhaupt von der bisherigen Praxis unterscheide, meinte Elisabeth Winkelmeier-Becker von der CDU/CSU-Fraktion. Es würden aber "einige Fragen insbesondere zu Beweiswerten aufgeworfen. Die Christdemokratin betonte, dass die Initiative mit ihren Vorgaben zur Barrierefreiheit eine zentrale Bedingung für die Chance auf gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen darstelle. Die Kosten des Projekts seien schwer zu beziffern, auf längere Sicht sei aber von nachhaltigen Einsparungen auszugehen.

"Die Justiz soll klare und bürgerfreundliche Regelungen erhalten, die Rechtssicherheit herstellen, aber auch Raum für die weiter voranschreitende Innovation lassen", warb Justizstaatssekretär Max Stadler für den Vorstoß. Die neuen Beweisregeln für De-Mail verliehen der Nutzung dieser Kommunikationsform mit den Behörden Gültigkeit. Ferner werde das Scannen von Dokumenten in der Verwaltung gefördert. Mit den Ländern sei mittlerweile "weitgehende Einigkeit" erzielt worden. Zugleich wollte der FDP-Politiker eine Korrektur bei der automatischen Eingangsbestätigung von elektronischer Post an Anwälte nicht ausschließen. (pek)