Politische Querelen behindern europäische Google-Alternative

Die Ursachen für das Scheitern des ambitionierten europäischen Suchmaschinen-Projekts Quaero werden von Deutschen und Franzosen unterschiedlich bewertet. Das berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe.

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Die Ursachen für das Scheitern des ambitionierten europäischen Suchmaschinen-Projekts Quaero werden von Deutschen und Franzosen unterschiedlich bewertet. Das berichtet Technology Review im Rahmen eines 16 Seiten umfassenden Schwerpunktes zur Suchmaschinen-Entwicklung in der aktuellen Ausgabe 03/08 (seit dem 21.2. am Kiosk oder portokostenfrei online zu bestellen). Laut Wirtschaftsstaatssekretär Hartmut Schauerte gehe der deutsche Rückzug aus dem Projekt zurück auf einen "Wunsch" des Thomson-Konzerns, der eine enge Verzahnung nicht mehr für erreichbar gehalten habe. In Frankreich dagegen heißt es, eine Gruppe deutscher Forscher habe zu sehr darauf gedrängt, den Fokus auf semantische Technologien zu lenken.

Das Projekt war am 26. April 2005 anlässlich eines deutschen Staatsbesuchs in Paris ursprünglich als "elektronische europäische Bibliothek" angekündigt worden. Das Treffen in Paris dürfte allerdings eher die Geburtsstunde für das gewesen sein, was später den Namen "Quaero" bekommen sollte: Eine mit vielen Millionen staatlicher Förderung gepushte europäische Konkurrenz zu Google. In der Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Grietje Bettin ließ Wirtschaftsstaatssekretär Schauerte seinerzeit wissen, dass Deutschland 90 bis 100 Millionen Euro Fördermittel bereitstellen werde, aus Frankreich komme ein vergleichbarer Betrag. Zusammen mit den Eigenmitteln der beteiligten Unternehmen sollte sich dadurch ein Gesamtbudget für Quaero von "deutlich über 400 Millionen Euro" über die Laufzeit von fünf Jahren ergeben.

Doch daraus sollte nichts werden: "Erste Hinweise zeichneten sich - rückblickend - im September/Oktober 2006 ab", heißt es in einer Stellungnahme des Bundeswirtschaftsministeriums für Technology Review. Am 18. Dezember 2006 wurde die Trennung dann offiziell: Auf dem ersten IT-Gipfel der Bundesregierung teilte Staatssekretär Schauerte mit, dass Deutschland sich aus Quaero zurückziehe.

Als neues "Leuchtturmprojekt" rief Schauerte auf dem IT-Gipfel "Theseus" aus, in dessen Rahmen Basistechnologien für das semantische Web entstehen sollen. Das sei aber ohnehin von vornherein die Stoßrichtung des deutschen Quaero-Parts gewesen. "Die Intention des deutschen Teils von Quaero ist immer gleich geblieben. Später wurde in den Dokumenten nur der Programmname in Theseus geändert", bestätigt Stefan Wess, Geschäftsführer der Bertelsmann-Tochter Empolis, die auf deutscher Seite als Konsortialführer im Quaero-Projekt engagiert war. Im Juli 2007 gab auch die EU-Generaldirektion Wettbewerb das Programm frei, nachdem sie zur Ansicht gelangt war, dass damit keine indirekte Subvention betrieben wird. Das BMWi darf Theseus nun tatsächlich mit 90 Millionen Euro über fünf Jahre fördern. Die Partner aus Industrie und Forschung bringen ebenfalls 90 Millionen Euro auf, sodass das Programm ein Gesamtvolumen von 180 Millionen hat. Mancher Unternehmer stört sich allerdings daran, dass bislang nur relativ Internet-ferne Großkonzerne und keines der deutschen Vorzeige-Internet-Unternehmen wie United Internet oder Web.de beteiligt sind. (wst)