Aufstand gegen geplante Obsoleszenz

Zufall oder Absicht? Der Flachbildfernseher bleibt dunkel. Die Waschmaschine pumpt nicht mehr ab. Der Drucker druckt nicht mehr. Geplante Obsoleszenz kostet Verbraucher jährlich Milliarden. In Repair Cafés und im Netz formiert sich Widerstand.

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Von
  • Jens Lubbadeh

Geplante Obsoleszenz ist der Begriff, der seit ein paar Jahren für Aufruhr sorgt und Verschwörungstheoretiker-Instinkte bedient. Der Vorwurf: Hersteller würden ihre Produkte mit Absicht vorzeitig altern oder gar kaputtgehen lassen, indem sie ihnen Sollbruchstellen einbauen. Das Umweltbundesamt will nun ein Forschungsprojekt starten, welches das „Phänomen Obsoleszenz“ bei Elektrogeräten für Privatverbraucher untersucht, berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe 04/2013 (das Heft können Sie hier bestellen). Erste Ergebnisse sollen 2014 vorliegen.

Im Auftrag der Grünen hat der Aktivist Stefan Schridde, der auch die Seite Murks-nein-danke.de betreibt, zusammen mit dem Ökonomen Christian Kreiß gerade ein Gutachten zur geplanten Obsoleszenz veröffentlicht. Die beiden schätzen, dass geplante Obsoleszenz jährlich die Konsumenten in Deutschland 100 Milliarden Euro kostet.

Geplante Obsoleszenz ist schwer zu beweisen. Dennoch gibt es Beispiele: Glühbirnen mit absichtlich schlechteren Glühdrähten, Nylonstrümpfe, die schneller Laufmaschen bekommen, Tintenstrahldrucker mit eingebauten Seitenzählern. Auch Flachbildfernseher waren nach einer Umfrage der Zeitschrift „Audio Video Foto Bild“ unter 7000 Konsumenten im Schnitt nach 19 Monaten defekt. Neben absichtlich implementierten Sollbruchstellen haben die Hersteller andere Methoden gefunden, um Geräte vorzeitig obsolet werden zu lassen:

  • Fest eingebaute Akkus, deren Wechsel teuer zu Buche schlägt.
  • Zurückhalten von Ersatzteilen, was Reparatur unwirtschaftlich macht
  • Zurückhalten von Anleitungen, was Eigenreparatur unmöglich macht.

Kyle Wiens, Gründer der größten Reparatur-Community iFixit, kritisiert dieses Verhalten in einem exklusiven Gastbeitrag in Technology Review scharf: „Diese Politik läuft letztlich auf eine Strategie der geplanten Obsoleszenz hinaus, denn sie macht es dermaßen schwierig und teuer, defekte Elektrogeräte zu reparieren, dass viele Verbraucher sie einfach kurzerhand entsorgen.“

Viele Konsumenten finden sich damit nicht mehr ab. Die in den Niederlanden gestartete Repair-Café-Bewegung hat mittlerweile auch in Deutschland zahlreiche Repair Cafés hervorgebracht. Und auch im Netz organisiert sich Widerstand: Auf iFixit haben 500.000 User mittlerweile über 2000 Reparaturanleitungen erstellt.

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(jlu)