Regierungen fordern Vertragszusätze bei neuen Top Level Domains

Beim 46. ICANN-Treffen in Peking diskutieren die Teilnehmer darüber, wie sichergestellt werden kann, dass neue Top Level Domains keine öffentlichen Interessen verletzen. Regierungsvertreter drängen auf freiwillige Selbstverpflichtungen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 7 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Die Betreiber neuer Top Level Domains (.berlin, .google, .hiv) sollen sich vertraglich zur Wahrung öffentlicher Interessen verpflichten. Das fordern Regierungsvertreter bei dem am Wochenende in Peking anlaufenden 46. Treffen der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). Erste Vertragsabschlüsse sind bereits für Ende des Monats anvisiert. Im Vorfeld hatte die ICANN-Spitze Betreiber in spe aufgefordert, durch sogenannte „Public Interest Commitments“ (PICs) freiwillig Garantien dafür abzugeben, dass ihre TLDs keine öffentlichen Interessen verletzen.

Bislang von den Bewerbern vorgelegte PICs-Erklärungen betreffen überwiegend den Schutz von Namensrechten oder den Datenschutz. Die Vorstellungen einzelner Regierungen gehen allerdings deutlich weiter. So sicherte die US-Regierung in einer Stellungnahme (PDF) zu, den Kampf gegen illegale Online-Aktivitäten, Onlinepiraterie und Copyrightverstöße zu unterstützten. Große Registries und TLD-Bewerber kritisierten den Nachschlag zu dem in langen Verhandlungen ausgehandelten Basisvertrag, der zum Ärger zahlreicher Bewerber lediglich eine lange Liste zusätzlicher Klauseln darstellt.

Regierungsvertreter drängen in Peking nichtsdestotrotz darauf, die Selbstverpflichtungen zum Bestandteil der Verträge zwischen den TLD-Betreibern und der ICANN zu machen. Das würde, so das Kalkül der Regierungen, nicht nur eine direkte Sanktionierung von Verstößen erlauben. Es setzt Aufsicht und Durchsetzung gleichzeitig auf die to-do-Liste der ICANN. Die ICANN hatte demgegenüber ein PICs-Schiedsverfahren vorgeschlagen, das jedermann in Gang setzen kann, der einen Verstoß gegen die Selbstverpflichtungen befürchte. Erst nach einem Schiedsspruch würde die ICANN aktiv werden, erläuterte der COO der ICANN, Akram Atallah.

Ein solches Monitoring per „Crowdsourcing“ lehnen die Regierungen jedoch rundweg ab. Auch der von ICANNs Chef Fadi Chehade ausgegebene Zeitplan, der den Abschluss des ersten Vertrags mit einer neuen TLD bereits für den 23. April vorsieht, ist den Regierungen nicht geheuer. Sie arbeiten nach wie vor an ihrer abschließenden Stellungnahme zum ersten Block der neuen TLDs.

93 Top Level Domain-Anträge haben unterdessen das grundsätzliche Evaluierungsverfahren bei der ICANN passiert, überwiegend handelt es sich dabei um nicht-lateinische TLDs. Atallah erklärte, es stünden technische Tests für die neuen Registries bevor, zudem könnten diese selbst ihren Start noch verzögern. Auf Drängen der Regierungen versicherte Atallah schließlich auch, das Management der ICANN werde auf die Stellungnahme des Regierungsbeirates warten. „Wir werden vorher keinen Vertrag unterzeichnen und uns damit möglicherweise in die Situation bringen, dann Vertragsänderungen aushandeln zu müssen.“ Würde man jedoch auf einen Zeitplan verzichten, „würden wir wohl 2100 noch darüber sprechen, dass bald die neue TLDs kommen.“ (dwi)