Hirnforscher führt Finanzkrise auf angeborene Gier nach Geld zurück

Mit Gentests könnten in Zukunft Schlüsse auf riskantes Verhalten von Führungskräften bei deren Einstellung gezogen werden.

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Von
  • Florian Rötzer

Ein Hirnforscher erklärt die Finanzkrise auch damit, dass die Gier nach Geld angeboren sei. Verortet wird die Gier nach immer mehr Geld durch riskantes Zocken erwartungsgemäß in einem Gehirnareal. Bei den Börsenzockern spielt nach Christian Elger, Direktor der Klinik für Epileptologie an der Universität Bonn und Mitglied des Frankfurter Zukunftrates, das Belohnungszentrum eine große Rolle, dessen Aktivierung dazu führe, ein "ungeahntes Wohlbefinden" zu verspüren. Am Wochenende hat der Zukunftsrat für Neuroökonomie, dem Elger angehört, in einer Mitteilung erklärt, dass der "Auslöser der Finanzkrise unökonomisches Handeln" handeln sei und dass "Menschen mit genbedingter Finanzgier" nicht führen sollten.

Geld, so sagte der über Neuroökonomie forschende Wissenschaftler in einem Interview mit dem Deutschlandradio Kultur, aktiviere das Belohnungszentrum besonders gut. Es stehe in der Entscheidungshierarchie des Gehirns ganz oben und zeige keine Gewöhnung an den Reiz. Ebenso wie Geld prinzipiell unendlich vermehrbar ist, verlockt also das Belohnungszentrum zum weiteren Zocken, solange zumindest die Gewinne fließen: "Also geht es immer weiter, und je höher der Geldbetrag ist, desto mehr wird aktiviert."

Gefragt, ob solche Personen, die von ihrem Belohnungszentrum in der Gier nach mehr Geld gejagt werden, von Führungspositionen ausgeschlossen werden müsste, meinte der Hirnforscher, dass es sich ja auch um "Visionäre, die Entwicklungen vorantreiben", handle. Man dürfe sie nicht ausschließen, sondern es müsse "eine gesunde Mischung aus Leuten geben, die Buchhaltertypen sind, und den Visionären". Problematisch könne es aber werden, wie man im Fall der Finanzkrise gesehen habe, wenn es eine kritische Menge solcher Visionäre geben, die rhetorisch überzeugend sind und Menschen mitreißen können. Nach Elger müssten Vorkehrungen getroffen werden, "damit sich das System nicht verselbständigt".

Die Ansprechbarkeit des Belohnungszentrums sei jedoch genetisch bei Menschen unterschiedlich, was beispielsweise mit den Dopaminrezeptoren zusammenhänge. Bei wem die Rezeptoren nicht so sensibel reagierten, der sei auch nicht so gierig nach Geld. Zudem sei er introvertierter und habe eine größere kognitive Kapazität, sich bei Gewinnspielen mit der Vernunft mit der Sache auseinanderzusetzen.

Um herauszufinden, wer welcher Typus ist, rät der Hirnforscher erwartungsgemäß von psychologischen Tests ab, weil diese zu oberflächlich seien. Er geht davon aus, dass in den nächsten Jahren zunehmend mit Gentests Schlüsse für die Beurteilung von Führungskräften bei der Einstellung gezogen würden, um "keine kritische Häufung" von dem einen oder anderen Typ zu erhalten. (fr)