Freihandelsabkommen über Dienstleistungen wird hinter verschlossenen Türen verhandelt

Der Europaparlamentsausschuss Internationaler Handel hat ein neues multilaterales Abkommen diskutiert, mit dem Handelshemmnisse unter anderem für eCommerce und IT-Dienstleistungen abgebaut werden sollen.

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Von
  • Monika Ermert

Neben verschiedenen klassischen Freihandelsabkommen hat der Europaparlamentsausschuss Internationaler Handel (INTA) am Donnerstag ein neues multilaterales Abkommen diskutiert, mit dem Handelshemmnisse abgebaut und die Märkte für Dienstleistungen geöffnet werden soll. Die EU, die USA und 20 weitere Länder haben ihre erste Verhandlungsrunde für das Trade in Services Agreement (TISA) bereits im März in Genf absolviert. TISA ist dabei kaum weniger ambitioniert als das Trans-Atlantic Trade and Investement Partnership (TTIP), das bilaterale Abkommen zwischen der EU und den USA. Es stellt ebenso das System multilateraler Verhandlungen in Frage.

Bislang tagten die 22 Verhandlungspartner hinter verschlossenen Türen. So charakterisiert selbst die EU-Generaldirektion Externe Politikbereiche die bisherigen Gespräche in einem Hintergrundpapier (PDF-Datei) zu TISA. Der nun im INTA von der Kommission vorgestellte Bericht zur ersten TISA-Verhandlungsrunde im März war ebenfalls nicht öffentlich.

Anders als in den auf der wachsenden Liste der EU stehenden Freihandelsabkommen, die vor allem den Handel mit Gütern erleichtern sollen, geht es im TISA auf Dienstleistungen. Es sollen Vereinbarungen über Transparenz, Wettbewerb, Lizenzbedingungen und sektorspezifische Regelungen getroffen werden, auch im Bereich eCommerce und IT-Dienstleistungen. eCommerce, so sagt Pierre Sauvé, Professor am World Trade Institute (WTI) in Bern, fehle im Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATs) der Welthandelsorganisation (WTO) nämlich bislang komplett. Mangelnde Fortschritte bei GATS und in den laufenden WTO-Verhandlungsrunden gaben laut Sauvés Analyse (PDF-Datei) den Anstoß für TISA.

In dem am Donnerstag vom portugiesischen Sozialisten Vital Moreira vorgelegten Entschließungsantrag werden vor allem die Bereiche Finanz-, Rechts- und Umweltdienstleistungen sowie Fremdenverkehr und Bauwesen als Ziele für die Marktöffnung genannt. Für die vom INTA-Ausschuss eigens von seiner Wunschliste für das TTIP genommenen audiovisuellen Dienstleistungen sowie Gemeinwohldienstleistungen empfiehlt der Berichtsentwurf, EU-Standards zu verteidigen. Die Überlappungen zwischen TISA und TTIP beziehungsweise anderen Freihandelsabkommen sind programmiert, ebenso wie das Geschacher darum, welche Sektoren aufgenommen werden sollen.

"Jeder hat seine Leichen im Keller", kommentiert Sauvé. Für die USA sei dies der protektionistisch gehätschelte Schifffahrt- und Luftverkehrssektor, für die EU und Kanada der stark durch öffentliche Finanzierung geprägte audiovisuelle Sektor. Sauvé kritisiert das TISA gegenüber heise online jedoch vor allem, weil versucht werde, sich multilateral auf Standards zu einigen. Ebenso wie das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA), das ebenfalls abseits der offiziellen multilateralen Foren ausgehandelt wurde, sei TISA ein Projekt "wir gegen die".

Die krisengeschüttelten alten Volkswirtschaften träumten noch einmal den Traum, den großen Schwellenländern ihre Standards aufzudrücken. Das werde aber so kaum funktionieren. In dem Entschließungsentwurf des Parlamentes werde ausdrücklich gefordert, China und andere Schwellenländer an den Verhandlungen mitwirken zu lassen, allerdings dürfe dies nicht durch all zu viel Anpassung an die Regeln dieser Länder erkauft werden. (anw)