Die Rückkehr des Knochens

Tablets werden zu Telefonen und Telefone zu Tablets. Doch gemeinhin gilt es noch als lächerlich, sich die Flundern ans Ohr zu halten. Warum eigentlich?

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 2 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Jens Lubbadeh

Tablets werden zu Telefonen und Telefone zu Tablets. Doch gemeinhin gilt es noch als lächerlich, sich die Flundern ans Ohr zu halten. Warum eigentlich?

Steve Jobs hatte sich ja noch vehement dagegen gewehrt, eine Mini-Version seines letzten Apple-Streichs, des iPad, auf den Markt zu bringen. 7-Zoll-Tablets seien „zu groß, um mit Smartphones zu konkurrieren, und zu klein, um es mit dem iPad aufzunehmen". „7-Inch-Tablets are dead on arrival“, so Jobs - tot bei Auslieferung. Dann war Steve Jobs tot und das iPad Mini wurde ausgeliefert - und es wurde ein großer Erfolg.

Warum das so ist, verstehe ich bis heute nicht. Denn telefonieren kann man mit dem iPad Mini nicht. Genausowenig mit den meisten anderen Tablets dieser Größe (geschweige denn mit den ganz großen). Also ist man wieder gezwungen, zusätzlich noch ein Smartphone mit sich rumzuschleppen.

Als ich mir vor zwei Jahren das Samsung Galaxy Tab kaufte, dachte ich, das Problem gelöst zu haben. Doch die Koreaner hatten einen entscheidenden Fehler gemacht: Es gab keinen separaten Telefonlautsprecher. Wenn man mit dem Tab telefonieren wollte, musste man sich die Unterseite ans Ohr halten. Wollte man etwas sagen, musste man es vom Ohr zum Mund führen, weil sich das Mikro unpraktischerweise direkt daneben befand. Ja dann nimm halt ein Headset, sagen Sie? Das kann man machen, wenn man jemanden anrufen will. Nur leider gab es keine Warteschleifen-Ansage für Anrufende, die ihnen mitteilte, dass ich abnehmen werde, sobald ich mein Headset aus der Hose herausgefriemelt habe. Kein Wunder, dass sich alle Welt immer nur lustig machte über die Tablet-Telefonierer.

Entnervt verkaufte ich also das Galaxy Tab, verlor meinen Traum von dem "Grand Unifiied Gadget" jedoch nicht aus den Augen. Als das Nachfolgemodell, das Tab 2 7.0, erschien, war ich misstrauisch. Doch, oh Wunder, die Koreaner hatten gelernt und den Telefonlautsprecher dieses Mal oben platziert und das Mikro unten - so wie bei jedem normalen Smartphone. Man kann mit dem Tab 2 7.0 wirklich ganz normal telefonieren – vorausgesetzt, man hat Hände groß wie ein Kaffeeuntersetzer. Tatsächlich habe ich die.

Nun habe ich endlich das perfekte Gerät und wundere mich, dass offenbar der Rest der Welt das nicht so sieht. Warum sonst wird aber auch wirklich in jedem Test darauf hingewiesen, dass das Telefonieren mit dem Tab ja an für sich möglich, aber eigentlich ja total lächerlich ist und man sich damit zum Vollhorst macht. Das medial multiplizierte Tabu trifft offenbar auf fruchtbaren Boden, denn immer, wenn ich damit irgendwo bin, werde ich erstaunt gefragt, was ich mir denn da für ein Teil ans Ohr halte. Ja, liebe Leser, ich telefoniere gern mit der Flunder. Und das ist gut so.

Wieso ist es nur sozial so geächtet, sich große Geräte ans Ohr zu halten? Das war mal anders. Wir erinnern uns an den Großvater des Galaxy Tabs: In den 80ern hat sich keiner über den Motorola-Dynatac 8000X-Knochen lustig gemacht. Und wenn's wirklich so lächerlich wäre, warum baut Samsung denn dann überhaupt so ein Mega-Handy? Und warum werden immer mehr Mini-Tablets zu Telefonen erweitert (siehe Asus Fonepad oder Galaxy Tablet Note 8.0) und immer mehr Telefone zu Mini-Tablets aufgepumpt (Galaxy Note 2, Galaxy S4, Sony Xperia Z, LG Optimus Stretch)?

Tablet-Telefonierer, kommt aus euren Löchern. Die Zukunft gehört uns! (jlu)