Das Anti-Terror-Düngemittel

Mit einer kostengünstigen Methode haben Agrarwissenschaftler Ammoniumnitrat so verändert, dass es sich nicht mehr als Bombenmaterial verwendet lässt. Pflanzen profitieren davon sogar.

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Von
  • Kevin Bullis

Mit einer kostengünstigen Methode haben Agrarwissenschaftler Ammoniumnitrat so verändert, dass es sich nicht mehr als Bombenmaterial verwendet lässt. Pflanzen profitieren davon sogar.

Düngemittel werden von Terroristen gerne als zentraler Baustein zur Herstellung von Sprengkörpern verwendet. So steckt das in der Landwirtschaft vielfach eingesetzte Ammoniumnitrat als Grundstoff in einer Vielzahl jener unkonventioneller Spreng- und Brandvorrichtungen (improvised explosive devices, IEDs), mit denen in Afghanistan und anderswo Anschläge verübt werden. Allein am Hindukusch soll es 2012 über 9300 IED-Ereignisse gegeben haben, 60 Prozent aller Opfer unter den US-Soldaten kamen durch solche Bomben ums Leben.

Was Pflanzen wachsen lässt, soll künftig keinen Menschen mehr töten, hoffen Forscher an den Sandia National Labs in Albuquerque, New Mexico. Ein Team um die Chemieingenieurin Vicki Chavez und den Optikingenieur Kevin Fleming hat dazu im Auftrag des US-Verteidigungsministeriums eine neue und erstaunlich simple Herstellungsformel entwickelt. Dabei werden Eisensulfate, die in der Stahlproduktion als Abfallprodukt anfallen, mit Ammoniumnitrat vermischt.

Das Düngemittel erlaubt in seiner Reinform die Herstellung verheerender Bomben, wie sich etwa beim Oklahoma-City-Anschlag im Jahr 1995 (168 Tote) oder beim Terror des Anders Behring Breivik in Oslo im Jahr 2011 zeigte. Chavez und Fleming überlegten deshalb, wie sich dieser Missbrauch verhindern lässt. Dabei stießen sie auf bestimmte chemische Eigenschaften von Ammoniumnitrat, die helfen, es als Bombenmaterial nutzlos zu machen.

Versucht ein Terrorist, die Mischung aus Eisensulfat und Ammoniumnitrat zur Sprengmittelherstellung einzusetzen, verwandelt sie sich in Ammoniumsulfat und Eisennitrat – beides lässt sich nicht mehr zur Explosion bringen. Tatsächlich hat die Beigabe sogar einen Vorteil für die Verwendung des Stoffs als Düngemittel: Der pH-Wert der Erde wird so verbessert und die Menge an Eisen in den Pflanzen wird erhöht, was ernährungsphysiologisch hilfreich ist.

Das Sandia-Team will seine Formel nicht patentieren lassen. Stattdessen soll sie kostenlos weltweit zur Verfügung stehen, damit sie schneller umgesetzt werden kann. Die Kosten sollen sich durch die Beigabe kaum erhöhen, konventioneller Dünger und die neue, sichere Variante für einen unveränderten Preis angeboten werden.

Noch gibt es aber ein Problem: Dünger auf Basis von Ammoniumnitrat ist weltweit enorm stark verbreitet und müsste erst einmal verbraucht werden, bevor sich die veränderte Variante überhaupt durchsetzen könnte. Bis dahin würde es also noch Jahre dauern – ebenso bis zur Umrüstung bestehender Produktionen. (bsc)