EU-Rat will Datenschutzreform verwässern

Die irische Ratspräsidentschaft hat vorgeschlagen, das Erfordernis der "expliziten Einwilligung" in die Verarbeitung personenbezogener Informationen aufzuweichen. Soziale Netzwerke sollen von einer "Haushaltsgenehmigung" profitieren.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 46 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Der EU-Rat ist weiter dabei, parallel zu den Debatten im EU-Parlament seine Linie zur geplanten Datenschutzverordnung abzustecken. Die irische Ratspräsidentschaft hat in diesem Prozess vorgeschlagen, das Erfordernis aufzuweichen, dass Betroffener in die Verarbeitung ihrer personenbezogener Informationen "explizit einwilligen" sollen. Dies geht aus einer internen Notiz (PDF-Datei) der Iren zum Stand der Beratungen hervor, den die britische Bürgerrechtsorganisation Statewatch veröffentlicht hat. Demnach soll "explizit" durch "unzweideutig" ersetzt werden. Damit würden die Anforderungen an datenverarbeitende Stellen gesenkt.

Viele Mitgliedsstaaten hätten die bisherigen Notwendigkeiten in diesem Bereich als "unrealistisch" bezeichnet und ihren Mehrwert infrage gestellt, begründet die Ratsspitze ihren Vorschlag. Sie befürchteten, dass Verbraucher es leid seien, ständig Einwilligungserklärungen bei Online-Diensten anklicken zu müssen und die Datenschutzprinzipien gar nicht ernsthaft prüften. Letztlich würde das automatische Häkchensetzen den Internetanbietern in die Hände spielen, da damit alle rechtlichen Bestimmungen erfüllt seien.

Die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern hatten auf ihrer Konferenz im März dagegen gefordert, dass die Zweckbindung beim Opt-in "ohne Abstriche" beibehalten werden müsse. Persönliche Informationen dürften nur nach einer eindeutigen, freiwilligen und informierten Einwilligung der Betroffenen verarbeitet werden.

Soziale Netzwerke sollen zudem nach dem irischen Ansinnen von einer "Haushaltsgenehmigung" profitieren. Demnach wären Daten von der Richtlinie ausgenommen, die allein bei persönlichen oder Tätigkeiten in einem Haushalt anfallen. Das Prinzip ist bereits im ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission enthalten, die Iren wollen es nun aber dezidiert auch auf Online-Communities beziehen. Für deren Betreiber soll die Ausnahme im Gegensatz zu den Nutzern aber nicht gelten.

Generell schlägt die Ratspräsidentschaft vor, dass Firmen personenbezogene Informationen sammeln und auswerten dürfen, wenn dies adäquat, relevant und "nicht ausufernd" ist. Die Kommission hatte hier noch vorgegeben, dass eine Datenverarbeitung auf das "notwendige Minimum" zu beschränken sei. Irland setzt sich weiter dafür ein, eine Nutzung persönlicher Informationen von vornherein für "wissenschaftliche, historische oder statistische Zwecke" freizugeben. Auf diese im Vergleich zum Kommissionspapier deutlich ausgeweitete Klausel könnten sich voraussichtlich etwa auch Marktforschungsinstitute beziehen.

Im vergangenen Jahr trat die Debatte im Rat größtenteils auf der Stelle. Die dänische Ratsspitze hatte zuvor ebenfalls einige Verwässerungen ins Spiel gebracht. Derzeit ist eigentlich das Parlament am Zug, das vor der Sommerpause seine Empfehlungen abgeben will. Danach soll das finale Papier in Gesprächen mit dem Gremium der Mitgliedsstaaten und der Kommission festgezurrt werden. (anw)