Berlin setzt auf privat finanziertes WLAN für die Stadt

Die mehr als 500 offenen, auf zivilgesellschaftlichem Engagement beruhenden Hotspots in Berlin sollen aber offenbar nicht gefördert werden. Die Berliner Freifunker-Szene befürchtet nun, dass der Senat einem monopolistischen System den Vorzug gibt.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Der Berliner Senat will ein primär privat finanziertes und betriebenes WLAN-Angebot für die Stadt einrichten. Dies geht aus einer Antwort des Senats auf eine Anfrage des grünen Abgeordneten Stefan Ziller hervor. Der Senat prüfe zurzeit, "ob auch öffentliche Standorte, wie z.B. Lichtmasten und öffentliche Gebäude zur Verfügung gestellt werden können, um ein solches Netzwerk aufzubauen." Lichtmasten können zum Beispiel zum Aufbau von selbstorganisierenden Mesh-Networks verwendet werden.

Die Berliner Freifunk-Community ist, wie netzpolitik.org schreibt, "eine der aktivsten Free-Networks-Communities weltweit". So soll es bislang mehr als 500 offene, auf zivilgesellschaftlichem Engagement beruhende Hotspots in Berlin geben, die das BerlinBackBone bilden. Die Stadt hat den Aufbau der Berliner Hotspots nicht gefördert und will dies, laut Anfrage, auch künftig nicht tun: "Aufgrund der positiven Rahmenbedingungen besteht zurzeit kein Anlass für den Senat, im Bereich der Berliner Freifunknetze einzugreifen."

Für die Berliner Hotspot-Aktivisten ist das eine enttäuschende Auskunft. Die für den Aufbau der Hotspots beteiligten Bauteile finanzieren sie mit Spenden, der Aufbau erfolgt in der Freizeit. Problematisch sind jedoch infrastrukturelle Fragen wie die in Frage kommenden Gebäude und die Stromfinanzierung. Berliner Verwaltungsgebäude wie Schulen und Behörden könnten Raum zur Verfügung stellen, doch bislang wurde diese Möglichkeit nicht genutzt – obgleich "Freifunknetze als ergänzende Versorgungsinfrastruktur vom Senat begrüßt" werden.

Markus Beckedahl von netzpolitik.org, selbst Teil der Berliner Hotspot-Szene, fürchtet nun, dass die Stadt die Einrichtung eines flächendeckenden WLAN-Netzes ausschreiben lässt und ein einziges Unternehmen damit beauftragen wird. Solche monopolistischen Modelle seien in den USA etwa in San Francisco und Philadelphia jedoch bereits gescheitert. Er sagt: "Am besten wäre es, die Stadt würde bestimmte Dächer, etwa von Schulen, freigeben und den Strom finanzieren." In Deutschland gibt es bis jetzt nur in einer Stadt eine flächendeckende WLAN-Versorgung auf der Basis freier Netze. So wurde in Heidelberg auf kommunale Initiative von der "Heidelberg mobil GmbH" Ende 2006 ein Test mit 40 kostenlosen Hotspots gestartet und seither ständig ausgebaut. Unterstützt wird dies von der Stadt Heidelberg und der Heidelberger Kongress- und Tourismus GmbH.

In Freiburg bietet die Firma FR WLAN GmbH mehrere Hotspots in der Innenstadt an, die wiederum von weiteren Unternehmen finanziell unterstützt werden und für Nutzer kostenlos sind. In Köln gibt es in einer Kooperation mit NetCologne mehrere kostenpflichtige Hotspots im Stadtzentrum, die jedoch eine kostenlose Nutzung städtischer Websites erlauben.

Weltweit gibt es inzwischen zahlreiche, in der Regel bürgerschaftlich getragene Initiativen, die WLAN-Versorgungen ausbauen wollen. Einzelne Kommunen wie Taipeh, die Hauptstadt von Taiwan, treiben das bereits seit 1999 organisiert voran. Auf dem "2. Weltgipfel der Städte und Regionen in der Informationsgesellschaft" im Vorfeld des "UN Weltgipfels zur Informationsgesellschaft" beschlossen 2005 rund 2000 Delegierte von Lokal- und Regionalverwaltungen die "Deklaration von Bilbao". Sie hat das Ziel, im Lokalen die digitale Spaltung zu überwinden. (Christiane Schulzki-Haddouti) / (pmz)