Der Tweet des Kuckucks

Der Kurznachrichtendienst Twitter und die Technologie-Beratung Berg haben ein Toolkit entwickelt, mit dem beliebige Alltagsgegenstände schnell ans "Internet der Dinge" angeschlossen werden können. Den Anfang macht eine Kuckucksuhr.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • John Pavlus

Der Kurznachrichtendienst Twitter und die Technologie-Beratung Berg haben ein Toolkit entwickelt, mit dem beliebige Alltagsgegenstände schnell ans "Internet der Dinge" angeschlossen werden können. Den Anfang macht eine Kuckucksuhr.

Warum sollen nur Computer, Smartphones und Tablet-Rechner Kurznachrichten versenden? Eine Kuckucksuhr zum Beispiel könnte ebenfalls Tweets ins Netz schicken – findet jedenfalls Twitter. Der Online-Dienst demonstriert nun anhand einer zwitschernden Standuhr ein Toolkit, mit dem beliebige Objekte Teil des sozialen Netzwerks werden können. Entworfen wurde die „Flock“ genannte Uhr gemeinsam mit der Londoner Technologie-Beratung Berg. Die Flock reagiert auf einlaufende Tweets auch, indem sich ihre Holzfiguren bewegen.

Das Toolkit soll es Herstellern von Verbraucherelektronik leichter machen, „vernetzte Produkte“ herzustellen und zum „Internet der Dinge“ hinzuzufügen. Als das Konzept in den 1990er Jahren ersonnen wurde, war es eine Zukunftsvision. Dank fallender Preise für Chips, Empfänger und Transmitter sowie der Allgegenwart drahtloser Netze beginnt es nun, Realität zu werden. Alltagsobjekte im Haushalt oder Dinge im öffentlichen Raum sollen nützliche Daten sammeln und ins Netz senden.

Außen Kuckuck, innen Hardware.

(Bild: Berg)

Noch seien die technischen Hürden zu hoch, um Innovationen für das Internet der Dinge rasch umzusetzen, sagt Matt Webb, CEO von Berg. „Unser Ziel ist, dass Sie bis zum fertigen vernetzten Produkt nur noch einen Tag brauchen.“ Das Enwicklungspaket Berg Cloud enthält zwei kleine Platinen und Mikrocontroller, die auf verschiedene Web-Schnittstellen zugreifen können. Über die kann ein Mikrocontroller Daten von Internetanwendungen empfangen und an diese zurücksenden. Ein anderes Element in dem Paket, eine so genannte Bridge, sorgt für die Verbindung mit drahtlosen Netzwerken. Mit Hilfe einer Bedienoberfläche namens Remote können Nutzer von Smartphones – iPhones, Android- und Windowsgeräte – das System steuern.

Neben Berg Cloud gibt es bereits andere Entwicklungsumgebungen, um Prototypen für vernetzte Gegenstände zu konstruieren. Twine Cloud Shield etwa ist für Plug-and-Play-Lösungen gedacht, um beliebige physische Objekte ans Netz anzubinden. „Die Interaktionen für Prototypen zu entwickeln, ist schon ohne die Netz-Elemente schwer genug“, sagt John Kestner, Mitgründer von Supermechanical, der Firma hinter dem Twine Cloud Shield.

Im Unterschied zur Konkurrenz stelle man mit Berg Cloud auch Software-Werkzeuge in dem Entwicklungspaket zur Verfügung, sagt Matt Webb. Das Internet der Dinge stehe noch ganz am Anfang, was funktioniere, müsse man derzeit noch im Gebrauch herausfinden. „Das ist nicht leicht, wenn wir keine Plattform für die Prototypen-Entwicklung haben.“

Berg Cloud ist speziell im Hinblick darauf entworfen, dass Firmen ihre Experimente mit vernetzten Produkten hochskalieren können. So können über die Nutzerverwaltung in der Steuersoftware auch gleich verschiedene Nutzerkonten angelegt werden. Ein Analyse-Tool wertet den Umgang der Nutzer mit dem Gerät auf charakteristische Muster hin aus. Mit Hilfe einer Sandbox genannten Komponente sollen mehrere Berg Cloud Bridges ein drahtloses Netzwerk bilden, in dem man dann verschiedene Geräte, verteilt über ein Büro oder ein Firmengelände, testen kann.

Längst machen sich auch große IT-Konzerne wie IBM, Cisco oder General Electric für das Internet der Dinge stark. Sie sehen vor allem bei Industrieanlagen ein großes Potenzial. Die könnten effizienter arbeiten, wenn sie permanent Daten über ihren Zustand übermitteln, die dann in einer Cloud mit geeigneten Algorithmen ausgewertet werden, um anschließend die Anlagen noch genauer zu justieren.

Matt Webb hat hingegen Produkte für Endverbraucher im Blick. Berg Cloud und andere Entwicklungsumgebungen für Prototypen seien der nächste logische Schritt für Hersteller von Verbraucherelektronik in der Post-PC-Ära. „Wenn wir irgendwann auf die heutige Zeit zurückblicken, werden wir uns wundern, dass das Internet gewissermaßen in Glasvitrinen gefangen war“, sagt Webb. „Genauso, wie wir uns wundern, dass Telefone einmal über ein Kabel mit einer Wand verbunden waren.“

(nbo)