Google kürt "digitalste Städte" – in nichtdigitalen Regionen

Sie gelten als digitalste Städte Deutschlands, liegen aber manchmal in Regionen, wo gerade mal der Minimalbedarf gedeckt ist: Google kürt die deutschen "eTowns". Auf dem Land gibt es jedoch Nachholbedarf.

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Von
  • Steffen Trumpf
  • dpa

Aus dem Mund des kommissarischen Vertriebschefs von Google Deutschland klingt es großartig: Alastair Bruce erklärt zehn deutsche Städte, die ihre Geschäftsmodelle immer stärker mit dem Internet verknüpfen und dadurch zu Vorbildern in ihren Postleitzahlgebieten werden, zu den "eTowns" des Jahres 2013. Zu diesen Ausgezeichneten, die der Internet-Konzern gemeinsam mit dem Wirtschaftsforschungsinstitut IW Köln ermittelt hat, zählen Großstädte wie Dresden, Kiel und Erfurt, aber auch mittelgroße Städte wie Frankenthal, Landau und Brandenburg/Havel. Bereits 2012 gab es eine solche Liste.

Sie sollen deutschlandweit als Vorbilder für die Verknüpfung von Wirtschaft und Internet dienen. In den zehn gewählten Städten sei der Digitalisierungsgrad von Unternehmen besonders hoch. Das müsse geehrt werden, sagt Bruce. "Wir versuchen den Leuchtturmstädten eine Plattform zu bieten."

Thüringens Landeshauptstadt ist auch eine sogenannte eTown.

(Bild: Martin Holland)

Um diese Leuchttürme herum herrscht allerdings häufig Dunkelheit: Länder wie Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern klagen seit Jahren darüber, dass die Breitbandversorgung unterdurchschnittlich ist. Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) berichtete vor kurzem, dass rund 400.000 private Haushalte in der Mark unterversorgt seien. Für viele Unternehmen reiche die Geschwindigkeit des Netzes nicht mehr aus. Und mittendrin: Brandenburg/Havel, einer der Gewinner der "eTown"-Auszeichnung.

Die Deutsche Telekom investiert laut Angaben des Sprechers Georg von Wagner jährlich Milliardenbeträge, um die Netzinfrastruktur und die Verbreitung der Bandbreite voranzutreiben. Allein 2013 sollen bis zu drei Milliarden Euro dafür zur Verfügung gestellt werden.

Dabei beginnt die Wirtschaftlichkeit für die Telekom häufig erst in größeren Städten. "In Brandenburg/Havel, da rechnet sich das zum Beispiel", sagt von Wagner. Dazwischen liegen allerdings meist kleinere Dörfer, deren Versorgung ist oft mangelhaft und – auf die Einwohnerzahl gerechnet – teuer.

Von Wagner fordert, dass sich auch andere Unternehmen für den Ausbau engagieren - "auf dem platten Land und in Städten." Derzeit bezahlt sein Unternehmen laut eigenen Angaben 55 Prozent der Kosten, 40 Prozent würden aus Fördermitteln hinzukommen, nur fünf Prozent von den Städten und Kommunen.

Vor allem in ländlichen Regionen gibt es Nachholbedarf, findet auch Franz-Reinhard Habbel vom Städte- und Gemeindebund. Eine Versorgung mit langsamen Raten bis 2 MBit/s, wie sie noch teilweise in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, in Sachsen und in Bayern vorkommen, sei fragwürdig. "Ländliche Regionen dürfen nicht abgehängt werden", fordert Habbel deshalb.

Für Unternehmen wird das Internet essenziell. Google und IW haben im Rahmen des "eTown"-Projekts herausgefunden, dass 49 Prozent der befragten Unternehmen bei der Durchführung ihrer Geschäftsaktivitäten auf das Internet angewiesen sind. Habbel vom Städte- und Gemeindebund fügt hinzu, dass eine bessere Internetversorgung Einfluss auf alle gesellschaftlichen Bereiche habe. "Die Breitband-Infrastruktur ist die industrielle Lebensader des 21. Jahrhunderts."

Google-Vertriebschef Bruce sagt, der "Faktor Online" sei nicht mehr aus der Wirtschaft wegzudenken. Der Internet-Konzern sei aber nicht für die Infrastruktur zuständig. "Google kann nicht überall Kabel verlegen. Unsere Aufgabe ist es, Informationen zur Verfügung zu stellen", so Bruce. Eine Pauschallösung gebe es bislang nicht. (mho)