Das digitale Gedächtnis der Welt soll online nutzbar werden

Die UNESCO will eine frei zugängliche digitale Weltbibliothek aufbauen. Ein Abkommen mit der US-amerikanischen Kongressbibliothek soll das Projekt vorantreiben.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Tom Sperlich
  • Dr. Jürgen Rink

Eine über das Internet zugängliche World Digital Library – eine digitale Weltbibliothek – wollen die UNESCO und die US-amerikanische Kongressbibliothek (Library of Congress) zusammen aufbauen. In Paris unterzeichneten am Mittwoch der Direktor der Kongressbibliothek, James H. Billington, und der stellvertretende UNESCO-Direktor für Kommunikation und Information, Abdul Waheed Khan, ein entsprechendes Abkommen. Die World Digital Library (WDL) will kostenlos und in den sechs offiziellen UNO-Sprachen Arabisch, Chinesisch, Englisch, Französisch, Russisch und Spanisch sowie zusätzlich in Portugiesisch, einzigartige und seltene Materalien aus Bibliotheken und anderen kulturellen Einrichtungen online zur Verfügung stellen. Dazu gehören seltene Bücher, Handschriften, Karten, Musikpartituren, Filme, Drucke, Fotografien und architektonische Pläne. "Bibliotheken sind Schlüsselakteure, die den universellen Zugang zur Information und zum Aufbau der Wissensgesellschaft sichern", erklärte UNESCO-Generaldirektor Koïchiro Matsuura.

Ein Prototyp der digitalen Weltbibliothek konnte bis zum gestrigen Freitag in Paris von den Delegierten, die an der UNESCO Generalkonferenz in Paris teilnahmen, begutachtet und getestet werden. Neben Individuen und Institutionen aus mehr als 40 Ländern sind an dem Projekt außerdem noch fünf Partnerorganisationen beteiligt. Es sind dies die Neue Bibliothek in Alexandria, die Nationalbibliotheken aus Ägypten, Brasilien und Russland sowie die Russische Staatsbibliothek.

Ein besonders wichtiger Aspekt des Projekts ist der Aufbau von Kapazitäten für digitale Bibliotheken in Entwicklungsländern, damit möglichst viele Länder und Regionen in der World Digital Library präsent sind. Die WDL baut auf dem bereits bestehenden Unesco-Projekt "Memory of the World" auf, welches das Dokumentenerbe aus allen Ländern der Welt, ihren Kulturen und Menschen pflegen und bewahren soll. Einfach sei dies nicht, da jeden Tag Archive und Büchersammlungen – unersetzliche Teile dieses Weltgedächtnisses – verschwinden würden, unterstreicht die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur. Gegen diese kollektive Amnesie müsse man sich mit geeigneten Programmen wappnen, bekräftigt die UNESCO.

Im Juni 2005 hat James H. Billington das WDL-Projekt in einer Rede vor dem nationalen UNESCO-Kommitee der USA vorgestellt. Grundstock der WDL ist die digitale geschichtliche Sammlung American Memory, in der sich zum Beispiel Fotografien aus dem Bürgerkrieg und Manuskripte der Präsidenten Washington, Jefferson, Madison und Lincoln befinden. Bereits im November 2005 hat Google seine Unterstützung mit 3 Millionen US-Dollar angekündigt. (Tom Sperlich)/ (jr)