Die (gar nicht so) heimliche Lust am "Ausgoogeln"

Über Suchmaschinen lässt sich Vieles per Mausklick erfahren, was mancher lieber vertraulich behandelt. Ob geschäftlich oder privat: Jobbewerber oder neue Partner "auszugoogeln", ist eine gängige Methode, um einen Einblick in das Leben anderer zu erhalten.

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Von
  • Tobias Schormann
  • dpa

"Und, was machst du sonst so?" – diese Frage können sich Webnutzer inzwischen sparen, wenn sie mehr über jüngste Bekanntschaften oder neue Bürokollegen erfahren wollen. Schließlich ist es manchmal gar nicht nötig, sie direkt zu fragen. Das Internet gibt häufig ebenso gut Auskunft. Denn über Suchmaschinen lässt sich Vieles längst per Mausklick erfahren, was mancher sonst lieber vertraulich behandelt. Ob geschäftlich oder privat: Jobbewerber, alte Schulfreunde oder neue Partner "auszugoogeln" ist eine gängige Methode, um heimlich einen Einblick in das Leben anderer zu erhalten.

"Mit Hilfe von Suchmaschinen ist es heute ein Leichtes, private Dinge über andere herauszufinden", sagt Prof. Michael Ronellenfitsch, Landesbeauftragter für den Datenschutz in Hessen. Oft seien die Betroffenen selbst schuld: Viele Menschen gehen zu unvorsichtig mit ihren persönlichen Daten um und geben im Web bereitwillig Privates preis. "Das ist dann natürlich für jedermann im Handumdrehen abrufbar."

Das machen sich etwa Personalentscheider zunutze. "Bei Bewerbungen wird immer öfter ein Blick darauf geworfen, was im Internet über den Menschen steht", sagt Klaus Reiners vom Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) in Bonn. Der Leumund im Netz entscheidet in einigen Fällen sogar über die beruflichen Chancen: So könnten peinliche Fotos oder Lästereien über den alten Arbeitgeber im Web zum "Karriere-Killer" werden, warnt Reiners. Auch Einträge über extreme politische Ansichten und erotische Vorlieben seien teilweise ein Ausschlusskriterium für Arbeitgeber. In einer Umfrage des BDU unter deutschen Personalberatern vom November 2006 gab jeder Vierte an, schon einmal einen Kandidaten nach einer Netzrecherche vom Auswahlprozess ausgeschlossen zu haben.

Aber auch im privaten Bereich nutzten immer mehr Menschen das Internet, um sich ein Bild über eine andere Person zu machen, sagt Mario Grobholz vom Anbieter myOn-ID. "Was die Suchmaschine über einen ausspuckt, wird somit zunehmend wichtiger für das eigene Ansehen." Seine Firma bietet Surfern deshalb an, sich um ihren "digitalen Ruf" zu kümmern – und nennt das "Reputationsmanagement". Unliebsame Internet-Altlasten sollen dadurch in den Treffern einer Suchanfrage weiter auf den hinteren Plätzen verschwinden.

Gerade das interaktive und auf von den Usern selbst erzeugte Inhalte setzende Web 2.0 habe dazu geführt, dass immer mehr Surfer ihr Privatleben im Netz öffentlich machen, sagt Grobholz. Für Neugierige seien daher besonders "Social Networks" wie StudiVZ oder Xing ergiebig: Hier geben Mitglieder von sich aus Auskunft etwa über ihre Hobbys oder den beruflichen Werdegang. Andere Portale sind darauf spezialisiert, alte Schulfreunde wiederzufinden. Hierüber können auch Fremde den Schulabschluss und Jahrgang von anderen erfahren. Dazu müssen sie meist nicht einmal die jeweilige Seite besuchen – oft landen die Daten gleich in den Treffern einer Web-Suchabfrage.

Die Nabelschau im Netz hat dabei Folgen, über die sich wohl nicht jeder bewusst ist: Mit Hilfe des Namens und einiger zusätzlicher Suchwörter lassen sich bei Google oder Yahoo Angaben wie Alter und Wohnort oft kinderleicht herausfinden, wenn sie einmal ins Internet eingespeist wurden. Wer viel im Netz unterwegs ist, hinterlässt oft sogar Spuren, die auf Arbeitgeber, Hobbys oder Vereinsmitgliedschaften schließen lassen. Hat ein Surfer dabei erst einmal eine persönliche Angabe wie etwa die private E-Mail-Adresse eines anderen herausgefunden, stößt er leicht auf weitere Kontaktdaten. Denn Suchmaschinen durchsuchen zum Beispiel auch Forenbeiträge – dadurch finden sich schnell auch Treffer etwa aus privaten Gebrauchtbörsen oder Kontaktanzeigen.

Daher ist es für viele auch naheliegend, neue Bekanntschaften oder sogar den Partner "auszugoogeln", um mehr über seine Vorlieben oder etwa seine früheren Beziehungen zu erfahren. Das kann allerdings nach hinten losgehen: "Zu viel heimliche Neugierde kann beim Kennenlernen eher hinderlich sein", sagt der Buchautor Eric Hegmann aus Hamburg. Entweder fühle sich der Partner ausspioniert, wenn er erfährt, dass der andere ihm "hinterhergoogelt", meint Hegmann, der auch für die Online-Partneragentur Parship arbeitet. "Oder man muss dem anderen beim näheren Kennenlernen etwas vorspielen, weil man etwa schon weiß, welche Hobbys er hat."

Künftig könnte es sogar noch einfacher werden, persönliche Profile von anderen im Web abzufragen. Neue Netzwerk-Projekte aus den USA wie Spock.com sind mit dem Versprechen an den Start gegangen, in Zukunft jeden Erdenbürger zu katalogisieren und einen Eintrag über ihn bereitzuhalten. Dazu verknüpfen sie einzelne Angaben etwa aus MySpace-Profilen mit Foreneinträgen und hochgeladenen Fotos, um so einen umfassenden Eindruck über die Betreffenden zu geben. Solche spezialisierten Suchmaschinen halten Datenschützer allerdings für unvereinbar mit deutschen Recht. (Tobias Schormann, dpa) / (jk)