Netzpolitiker streiten über künftigen "Internetminister"

Vertreter von Union, FDP und Grünen plädieren für einen zentralen Ansprechpartner in der Bundesregierung, SPD und Linke sind dafür, IT-Experten in jedem Ressort anzusiedeln.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 55 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Unter Netz- und Medienpolitikern besteht bislang keine Einigkeit, wie der geplante ständige Internetausschuss im Bundestag auf Regierungsebene gespiegelt werden soll. Vertreter von CDU/CSU, FDP und Grünen plädierten auf einer Diskussionsrunde des Verbands der deutschen Internetwirtschaft eco am Dienstag in Berlin für einen zentralen Ansprechpartner in der Bundesregierung. SPD und Linke sind dafür, in jedem Ressort IT-Experten anzusiedeln und einen übergeordneten Koordinator im Bundeskabinett zu installieren.

Jimmy Schulz, Konstantin von Notz, Dorothee Bär, Halina Wawzyniak und Brigitte Zypries (.v.l.)

Dorothee Bär, Vorsitzende des CSU-Netzrats, sprach sich dafür aus, eine netzpolitische Position als Pendant zum Kulturstaatsminister im Kanzleramt zu schaffen, die zum Beispiel für den Computerspielspreis zuständig wäre. Für die Stelle müsse eine Richtlinienkompetenz in der Bundesregierung entwickelt werden, damit der Internetstaatsminister "alleiniger Ansprechpartner" in netzpolitischen Fragen sei. Wenn jedes Ressort seine Zuständigkeiten im digitalen Bereich behalte, befürchtet Bär ein Kuddelmuddel.

Nötig sei eine Kontaktperson, die das Thema in die Hand nimmt, befand auch der FDP-Netzpolitiker Jimmy Schulz. Es gebe schließlich "reine Internet-Themen wie die Einführung von IPv6", die ein Beauftragter in die Hand nehmen könne. Angesiedelt werden solle die Position am besten in einem Haus, das sich bereits stärker um die Chancen des Internets als um die davon möglicherweise ausgehenden Bedrohungen kümmere.

"Wir brauchen einen Zuständigen, der am Kabinettstisch sitzt", ergänzte der netzpolitische Sprecher der Grünen, Konstantin von Notz. Ein eigenes Ministerium sei realistischerweise wohl kaum umsetzbar, sodass ein Staatsminister oder -sekretär am aussichtsreichsten wäre. Dieser müsse aber nicht automatisch beim Innenministerium angesiedelt werden, das sich in einem "lustigen Wettbewerb" der unterschiedlichen Ressorts derzeit besonders hervortue. Es habe aber die Netzpolitik bislang "sehr auf Sicherheitsfragen verkürzt".

Für Ex-Justizministerin Brigitte Zypries kommt es nicht in "organisatorisch und denklogisch gar nicht in Betracht", netzpolitische Zuständigkeiten an einer Stelle zu bündeln. Stattdessen sollten nach Ansicht der SPD-Politikerin "fachliche Themen wie die Gesundheitskarte mit der Technik besser verzahnt werden". Daher solle in jedem Ministerium ein IT-Beauftragter sitzen, deren Stimmen auf Kabinettsebene vernünftig gebündelt werden müssten. Dieser solle kein Jurist, sondern ein Informatiker sein.

Die Netzexpertin der Linken, Halina Wawzyniak, empfand es als zu früh, sich schon jetzt Gedanken über eine administrative Leitfunktion in der Internetpolitik Gedanken zu machen. Erst müsse der parlamentarische Ausschuss installiert und sich in seinem Kernbereichen gegen traditionell starke und derzeit viele netzpolitisch relevante Themen bearbeitende Bundestagsgremien durchsetzen. Sie sei davon ausgegangen, dass es schon jetzt eine Art Netzabteilung in jedem Ressort gebe, sonst müssten diese rasch eingeführt werden. Es müsse nicht in jedem Haus ein Staatssekretär fürs Internet geschaffen werden. Nötig sei aber eine übergeordnete Person, die "koordinieren und sich schnell in neue Gebiete einarbeiten können müsste".

Unzufrieden mit dem Stand der Debatte zeigte sich der Berliner Rechtsanwalt Jan Mönikes. Er appellierte an die Netzpolitiker, ein "richtiges Internetministerium" zu fordern. Alles andere sei "Kokolores". Ein reiner Koordinator etwa könne den erforderlichen "großen Infrastrukturausbau mit Glasfaseranschlussnetz" gar nicht durchbekommen. (anw)