Obamas rechtswidriger Krieg

In einer Rede am 23. Mai formulierte US-Präsident Barack Obama stärkere Restriktionen für Drohnenangriffe. So jedenfalls verstanden es viele Medien. Die Realität sieht anders aus.

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Von
  • Fred Kaplan

In einer Rede am 23. Mai formulierte US-Präsident Barack Obama stärkere Restriktionen für Drohnenangriffe. So jedenfalls verstanden es viele Medien. Die Realität sieht anders aus.

Das unbemannte Flugzeug – die „Drohne“ als Aushängeschild amerikanischer Hightech-Rüstung – ist zur bevorzugten Waffe im globalen Krieg gegen den Terror geworden. Im Herbst 2009, gegen Ende von Barack Obamas erstem Jahr als Präsident, bildete die Luftwaffe mehr Drohnen-Piloten als echte Flugzeugpiloten aus. Es war der Beginn einer neuen Ära, nicht nur für die Kultur der US Air Force, sondern auch für die amerikanische Kriegsführung.

2009 gab es nicht nur einen sprunghaften Anstieg der Drohnenangriffe, sondern auch eine Verlagerung der Orte, an denen die Einsätze stattfanden. Politisch unproblematisch war der Einsatz von Drohnen im Irak oder in Afghanistan, hauptsächlich zur Unterstützung der US-Bodentruppen. Die Kontroverse begann, als mittels Drohnen auch in Ländern, mit denen die Vereinigten Staaten nicht offiziell Krieg führten, gezielt Menschen gejagt und getötet wurden.

Solche Aktionen fanden hauptsächlich in Pakistan und im Jemen statt. Pakistan diente als Rückzugsgebiet für Talibankämpfer im benachbarten Afghanistan; der Jemen entpuppte sich als Zentrum eines neuen Al-Qaida-Flügels auf der Arabischen Halbinsel. Bereits Präsident Bush hatte einige Drohneneinsätze in diesen Ländern angeordnet. So fand der erste Drohnenschlag außerhalb einer formalen Kriegsregion im Jemen statt: am 3. November 2002 gegen einen Al-Qaida-Führer, der einige Jahre zuvor bei der Planung des Angriffs auf den Zerstörer USS Cole geholfen hatte. Bush startete auch 48 Drohneneinsätze in der Waziristan-Region Pakistans entlang der bergigen Grenze zu Afghanistan, 36 davon während seines letzten Amtsjahrs.

Obama beschleunigte diesen Trend. 2012 stieg die Anzahl der Drohnenschläge im Jemen sprunghaft auf 54 an. Das hat nicht nur weltweite Proteste hervorgerufen und die USA in die Kritik gebracht. Auch innerhalb des Landes gibt es mittlerweile politischen Streit. Die Kontroverse wird besonders geschürt durch die Tatsache, dass alles geheim ist, was diese Einsätze außerhalb von Kriegsgebieten betrifft – bis vor Kurzem sogar ihre Existenz. Drohnenschläge im Irak und in Afghanistan werden wie alle anderen militärischen Operationen vom Verteidigungsministerium durchgeführt. Anderswo aber sind diese Angriffe geheime Unternehmen des Nachrichtendienstes CIA.

Mehr noch: In den vergangenen Jahren ging bei immer mehr Angriffen von den Zielen keine unmittelbare, echte Bedrohung für die USA aus. Zunehmend sind die Ziele Milizionäre in unteren Rängen und keine Terroristenführer. In einer bestürzenden Zahl von Fällen werden sie getötet, obwohl ihre Identität – Name, Rang und der Umfang ihrer Beziehung zur Terroristenorganisation – unbekannt ist.

(wst)