Die Woche: Open Source im Wahljahr

Die Free Software Foundation Europe hat anlässlich der Bundestagswahlen die deutschen Parteien zu ihren Ansichten zu freier Software befragt. Neuland war das Thema für keine der Befragten, auch nicht für die CDU.

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Das Internet mag für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vielleicht noch #Neuland sein, zu freier Software haben aber ihre Partei und alle anderen Parteien, die im Herbst für den Bundestag kandidieren, eine Meinung. So fragte die Free Software Foundation Europe (FSFE), wie denn zum Beispiel künftig die Weitergabe von Software geregelt werden soll, deren Entwicklung mit Steuergeldern finanziert wurde. Einzig die CDU sieht hier Schwierigkeiten, etwa wenn die Software für verbotene Zwecke eingesetzt werden könnte oder sich dahingehend verändern ließe. Außerdem sieht man Probleme mit dem §63 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung, die das Veräußern von Vermögensgegenständen regelt. Alle anderen Parteien sind sich darin einig, dass mit Steuergeldern entwickelte Software auch frei verfügbar sein sollte.

Bei den Nutzungsrechten ist dann auch die CDU der gleichen Meinung wie die übrigen Parteien: Es sei nicht akzeptabel, dass die Behörden und Verwaltungen oftmals keine Rechte an den Quellen der in ihrem Auftrag entwickelten Software haben. Dies sollte bereits im Vergabeverfahren sichergestellt werden, regt die CDU an.

Insgesamt zehn Fragen stellte die FSFE den Parteien rund um das Thema Open Source, aber auch zur Gängelung von Endgerätebenutzern durch die Hersteller. Allerdings war die Frage der FSFE zum Recht des Besitzers, alternative Firmwares auf Tablets und Smartphones aufspielen zu können, wohl zu verklausuliert. Keine Partei ging darauf ein, man äußerte sich nur zu datenschutzrechtlichen Aspekten. Während die meisten Parteien für einen umfangreichen Datenschutz plädieren, halten sich FDP und Freie Wähler zurück: Laut FDP müsse sich der Bürger mit neuen Entwicklungen auseinandersetzen, zudem sei es besser, "die Chancen zu beleuchten als, wie allzu oft, nur über Risiken zu sprechen". Das Wort Datenschutz kommt in der Antwort nicht vor. Nach Ansicht der Freien Wähler gibt es hier auch keinen Regelungsbedarf: "Solange es den Menschen im alltäglichen Leben egal ist, was mit ihren Daten passiert – siehe Facebook – werden Gesetze keine Abhilfe schaffen."

Bei Secure Boot und Trusted Computing sind sich dann wieder alle einig: Der Anwender muss die Kontrolle über seinen PC behalten. Die FDP und die Linke können sich aber vorstellen, dass Anwender aus Sicherheitsgründen dieses Recht freiwillig aufgeben. Die SPD fordert ausdrücklich, dass solche Beschränkungen bei der Auslieferung eines Geräts grundsätzlich deaktiviert zu sein haben und ein Anwender die Aktivierung auch später wieder zurücknehmen können muss.

Die zum Teil irreführende Verwendung des Begriffs Open Source durch Softwareanbieter ist nur für einen Teil der Parteien ein Problem. CDU und FDP sehen hier den "mündigen Bürger" in der Pflicht, selbst zu beurteilen, welche Rechte eine vermeintliche Open-Source-Software dem Anwender bietet. Auch die Freien Wähler sehen keinen gesetzlichen Regelungsbedarf. SPD, Grüne, Linke und Piraten hingegen haben das Problem erkannt und machen verschiedene Lösungsvorschläge, etwa eine verbesserte Aufklärung der Anwender oder die Einführung von Siegeln für echte Open-Source-Software, was die Grünen anregten.

Die Umfrage zeigt, dass das Thema Open-Source-Software bei den Parteien keineswegs Neuland ist, auch wenn sich manche Probleme wie der Austausch der Firmware bei Smartphones und Tablets noch nicht bis in die Politik herumgesprochen haben. Es bleibt abzuwarten, wie viel von den Vorhaben tatsächlich umgesetzt wird. So hätte die CDU zum Beispiel in der laufenden Legislaturperiode längst das selbst erkannte Problem des §63 der Bundeshaushaltsordnung lösen können, etwa durch eine Ausnahmeregelung für Open-Source-Software. Vielleicht gibt der Wähler ihr ja nochmals vier Jahre Zeit dafür. (mid) (mid)