PRISM-Überwachungsskandal: EU-Parlamentarier wollen NSA-Chef befragen

Vielleicht sei ein europäischer Geheimdienst ja keine schlechte Idee, dann aber bitte unter demokratischer Kontrolle, meinten Abgeordnete im Innenausschuss des EU-Parlaments zum Start der Untersuchung von PRISM und anderen Überwachungsprogrammen.

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Von
  • Monika Ermert

General Keith Alexander, Chef des US-Geheimdienstes NSA und Befehlshaber des US Cyber Command

(Bild: NSA)

Der Chef des US-Geheimdienstes NSA, Keith Alexander, soll als einer der ersten Experten zu einer Anhörung über die von seinem Ex-Mitarbeiter Edward Snowden enthüllten Überwachungsprogramme eingeladen werden. Das sagte die stellvertretende Vorsitzende des Innenausschusses im Europaparlament, Sophie In't Veld, am Ende der ersten Aussprache zur parlamentarische Untersuchung von PRISM und anderen Überwachungsprogrammen. Über die Einladung des Whistleblowers Snowden selbst waren sich die Abgeordneten nicht einig. Im September sollen gleich mehrere Anhörungen mehr Licht in die PRISM-Affäre bringen.

Während der britische Euroskeptiker Timothy Kirkhope (European Conservatives and Reformist Party) die Einladung von Snowden weit von sich wies, forderte Jan Philipp Albrecht (Grüne) nicht nur Snowden, sondern auch andere US-amerikanische Whistleblower einzuladen, etwa die hochrangigen Ex-NSA-Mitarbeiter William Binney und Kirk Wiebe. "Europäische Whistleblower gibt es ja weniger", bedauerte Albrecht. Für die Aufklärung der Überwachungsprogramme der Mitgliedsstaaten wird der Ausschuss vor allem mit den parlamentarischen Kontrollgremien der nationalen Parlamente beziehungsweise eingesetzten Untersuchungskommissionen zusammenarbeiten.

Nicht zuletzt gilt es laut In't Veld auch, die Arbeit des EU Intelligence Analysis Centre (INTCen) unter die Lupe zu nehmen. Das Parlament weiß laut In't Veld wenig über über die beim Auswärtigen Dienst angesiedelte Aufklärungseinrichtung, die unter verschiedenen Namen seit 1999 existiert. Die Organisation Statewatch kritisierte in einer Analyse die Geheimniskrämerei rund um die Einrichtung.

Vielleicht sei ein europäischer Geheimdienst ja keine schlechte Idee, dann aber bitte unter demokratischer Kontrolle, meinten Abgeordnete im Innenausschuss. Eine bessere Spionageabwehr, eigene Netze und eine EU-Cloud, in der nicht alles über die US-Netze verarbeitet werden müsse, nannten eine Reihe von Abgeordneten ebenfalls als mögliche praktische Ergebnisse ihrer Untersuchung.

Konkrete Handlungsempfehlungen jenseits der reinen Aufarbeitung des Status Quo forderten viele der Ausschussmitglieder. Ein dicker Bericht mit den Aussagen von Experten aus Geheimdiensten, Parlamenten, IT-Unternehmen, Nicht-Regierungsorganisationen und der Wissenschaft dürfe nicht enden wie der Echelon-Bericht. Dessen Empfehlungen seien nämlich bis heute nicht umgesetzt worden, mahnten mehrere Abgeordnete. Ein Überblick zu den entsprechenden Versäumnissen nach dem Abschluss der damaligen Untersuchung steht daher mit ganz oben auf der Liste der Berichte zum Start der PRISM-Untersuchung. Auch Echelon-Berichterstatter Gerhard Schmid soll nochmals gehört werden.

Erneut wurde die Überprüfung von Abkommen mit den USA gefordert. Die Frage sei doch, ob eine geregelte Weitergabe von Bank- oder Passagierdaten überhaupt noch notwendig oder nur noch ein "Deckmäntelchen" sei, kritisierte die sozialdemokratische Abgeordnete Birgit Sippel. Aus ihrer Sicht muss das Parlament auch Konsequenzen bei den geplanten EU-Datensammelprojekten ziehen, etwa dem EU-Pendant zur US-Fluggastdatenüberwachung. Grundsätzlich gelte es, das Recht viel stärker an die davon gelaufenen technischen Überwachungsmöglichkeiten anzupassen, , sagte der britische Liberale Sir Graham Watson. Daher solle der Ausschuss auch Empfehlungen zur Ergänzung internationaler Abkommen ins Auge fassen. Das Europaparlament habe auch die Aufgabe, grundsätzliche Fragen zur Zukunft der Geheimdienste zu klären, mahnte Sippel. Diese Debatte wird jenseits des Mainstream auch in Deutschland eingefordert.

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(jk)