Blender 2.68 rendert schneller

Das Open-Source-3D-Paket geht in die Zielgerade zum nächsten Meilenstein. Obwohl in Version 2.68 das Hauptaugenmerk auf Fehlerbehebungen und Leistungssteigerungen lag, haben die Entwickler einige sehenswerte neue Werkzeuge und Optionen eingebaut.

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Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Gottfried Hofmann
  • Peter König

Der Cycles-Renderer von Blender 2.68 erzeugt auf Wunsch Abbildungen von 3D-Objekten als Drahtgitter...

(Bild: wiki.blender.org)

Obwohl die Entwickler bei Version 2.68 des Open-Source-3D-Pakets Blender den Schwerpunkt auf mehr Stabilität und Geschwindigkeit gelegt haben, kann sich die Liste der Neuheiten dennoch sehen lassen: Die Render-Engine Cycles bietet einige neue Shader, etwa einen für Drahtgittermodelle und einen Toon-Shader. Dieser erzeugt Bilder, die an Comics erinnern und lässt sich besonders gut mit dem Freestyle-Renderer kombinieren, der Konturen von Objekten in verschiedenen Stilen darstellen kann und in Version 2.67 eingeführt wurde. Der neue Wavelength-Node übersetzt Licht-Wellenlängen in RGB-Werte. Optional fügt Cycles beim Compositing mit dem Mist Pass einen zusätzlichen Durchgang ein, der atmosphärische Effekte wie Dunst oder Nebel erzeugt und auch dafür geeignet ist, weiter entfernte Objekte in Unterwasserszenen auszublenden.

... oder im Stil von Illustrationen.

(Bild: wiki.blender.org)

Auf der technischen Seite unterstützt Cycles jetzt das CUDA Toolkit in Version 5.0 und Grafikkarten der Serie Nvidia Tesla K20, GTX Titan und GTX 780. Die Leistung vor allem unter Windows konnte deutlich verbessert werden – bisher waren Blenders Windows-Versionen um bis zu 50 Prozent langsamer als die Ausgaben für Mac OS X oder Linux. Dieser Abstand ist jetzt etwas geschrumpft: Windows-Nutzer können sich gegenüber Version 2.67 über bis zu 30 Prozent schnellere Renderings freuen. Auch auf dem Mac und unter Linux profitiert man von den Optimierungen, da die neue Version auf diesen Plattformen rund 10 Prozent schneller rendert. Auch Haardarstellungen lassen sich jetzt auf der Grafikkarte berechnen.

Früchte im Dunst: Der Cycles-Renderer in Blender 2.68 simuliert auf Wunsch Nebel.

(Bild: wiki.blender.org)

Beim Motion Tracker stellt Blender die Keyframes für die initiale Rekonstrution der Szene automatisch ein, was dem Anwender viel Herumprobieren erspart. Ein neues Tool (Refine Markers Position) behandelt speziell den Fall, dass ein Feature aus dem Bild verschwindet und wieder erscheint. Zwar muss der Marker nach wie vor Hand neu positioniert werden, Blender optimiert dessen Ort aber anschließend nochmal automatisch in Bezug auf das Feature. Bei der Rekonstruktion der 3D-Szene kommen neue Algorithmen zum Einsatz, die eine realistischere Skalierung der Objekte versprechen. Außerdem soll Blender bessere Ergebnisse bei entfernungsabhängigen Features wie Bewegungsunschärfen liefern.

Das Add-on namens TextureAtlas fügt eine Light- oder Shadow-Map fest in eine komplette Szene ein (bake), was die Anforderungen fürs Rendern senkt und daher vor allem bei der Spieleentwicklung interessant ist. Wer viel mit dem Compositor oder den Shader-Nodes von Cycles arbeitet,wird sich über das Add-on "Node Efficiency Tools" freuen, das dem Node-Editor nützliche Optionen und Shortcuts hinzufügt, sodass man damit schneller arbeiten kann. So lassen sich zwei Nodes mit einem einzigen Klick zusammenmischen, der dafür notwendige dritte Node wird automatisch angelegt und korrekt verbunden. Über das Add-on "Edit Linked Library" wechselt man mit einem Klick auf ein eingebundenes externen Objekt zu dessen Bearbeitung. Ist man damit fertig, wird die Ausgangsszene erneut geladen.

Löscht man Teile des Oberflächennetzes, fügt Blender in die Lücken einfachere Flächen ein als zuvor.

(Bild: wiki.blender.org)

Für die Bearbeitung von Oberflächennetzen (Meshes) haben die Entwickler das Bridge-Werkzeug verbessert – es schlägt jetzt auch zwischen Kantenringen (Loops) mit unterschiedlicher Knoten-Anzahl Brücken und und zwischen mehrere Loops auf einmal. Ähnlich arbeitet der neue Operator "Grid Fill": Er füllt zwei miteinander verbundene Kanten-Loops mit einem passenden Gitter aus quadratischen Flächen. Das Werkzeug zum proportionalen Bearbeiten lässt sich jetzt entlang der x-Achse spiegeln und arbeitet auch zweidimensional. Bei annähernd symmetrischen Objekten rasten die Knoten auf Wunsch auch bei gespiegelten Teilen ein. Das Dissolve-Tool zum Löschen von Teilen des Meshes bietet eine neue Option namens "Face Split", die für das neu zu erzeugende N-Gon nur noch Ecken der Flächen nutzt, die mit dem zu löschenden Element verbunden sind. Dadurch können zwar Dreiecke entstehen, das neue N-Gon ist aber wesentlich regelmäßiger als die bisher erzeugten, was in der Vergangenheit zu vielerlei Problemen führen konnte.

Bislang litt die Feuer-Simulation unter dem Problem, dass man zwar die Auflösung ohne viel Ressourceneinsatz über HiRes erhöhen konnte, beim Emitter aber stets die Standard-Auflösung verwendet wurde. Dadurch entstanden an Feuerstellen oder Rauchquellen hässliche Block-Artefakte. Über die "Full Sample"-Option kann man an den Emittern jetzt die volle Auflösung nutzen. Nicht nur räumlich, auch zeitlich simuliert Blender Rauch und Feuer jetzt feiner: Die Emitter-Option "Subframes" berechnet mehrere Zwischenschritte pro gerendertem Frame, wodurch schnell bewegte Emitter nicht mehr lauter einzelne Wölkchen ausstoßen.

Python-Skripte werden beim Laden einer Datei jetzt standardmäßig deaktiviert, da andernfalls ein automatisch ablaufendes Python-Skript für eine Attacke auf den Computer genutzt werden kann. Außerdem haben die Entwickler nach eigenen Angaben zusätzlich mehr als 280 Programmfehler gegenüber der Vorversion behoben.

Blender läuft unter Windows, Mac OS X und Linux und steht in Version 2.68 zum Download bereit.

Mit der neuen Version nähert sich die 2.6er-Serie von Blender ihrem Ende -- ein letztes Release 2.69 soll in etwa zwei Monaten erscheinen und sich vor allem Fehlerkorrekturen widmen. Diese Version soll außerdem über einen längeren Zeitraum gepflegt werden, ähnlich wie die Long-Term-Support-Versionen von Ubuntu (LTS). Damit dürfte dies die Version der Wahl für Projekte werden, die über einen längeren Zeitraum verfolgt werden. Denn bei der normalen Release-Politik von Blender steht der Nutzer vor dem Problem, dass zwar alle zwei Monate ein neue Funktion mit frischen und möglicherweise brauchbaren Funktionen erscheint, jede neue Version aber auch neue Probleme hevorruft. Bleibt man hingegen bei einer älteren Version, so bekommt man für diese keine Bugfixes – die gehen nur in den Nachfolger ein. Wenn Version 2.69 (a, b, c...) fertig ist, wird seit langem wieder einmal eine Meilenstein-Version von Blender zur Verfügung stehen.

Für die kommende 2.7er-Serie von Blender planen die Entwickler einige tiefgreifende Änderungen, was die Kompatibilität einschränken wird: Mit Blender 2.7x erstellte Dateien werden sich in vielen Fällen nicht mit älteren Versionen öffnen lassen. Hingegen soll Blender 2.7x ältere Dateien problemlos laden. Neben der Refaktorisierung des Codes steht auch der Wechsel zu neuen Technologien an, die Blender 2.7x inkompatibel zu älterer Hardware machen werden. Auch die Bedienoberfläche soll komfortabler werden.

Parallel zu Blender 2.7x soll auch die Entwicklung der 2.8er-Serie beginnen, mit noch tiefgreifenden Änderungen: Beispielswiese ist ein vereinheitlichtes Physik-System geplant, zudem sollen sich noch mehr Bereiche wie Partikel und Modifier über den Node-Editor bearbeiten lassen, der bisher nur für das Compositing und die Definition von Cycles-Shadern genutzt wird. Über die Zukunft der Game Engine wird in der Entwickler-Community derzeit heiß diskutiert. Ginge es nach den Plänen der Blender Foundation, so würde diese tief in die restlichen Bereiche von Blender integriert werden. Dann könnten auch Nutzer, die eine Animation erzugen, von den interaktiven Funktionen der Game Engine Gebrauch machen. Spiele-Entwickler sollen die Möglichkeit bekommen, für den Export extrene Engines zu nutzen, wie das derzeit bei Blender für Animationen und Standbilder möglich ist.

Trotz diese weitreichenden Pläne stecken in Blender immer noch technologische Vermächtnisse, die kurz- bis mittelfristig nicht angepackt werden können. So stammen Teile des Blender-Codes noch aus der Mitte der 90er Jahre und sollten eigentlich nie so lange verwendet werden. Zwar ist geplant, das alles durch ein modernes Programmdesign zu ersetzen, doch bevor das geschieht, will man noch ein paar Jahre Erfahrungen sammeln, welche Grenzen das aktuelle Design mit sich bringt und wie man diese überwinden kann.

Siehe dazu auch:

  • Blender im heise Software-Verzeichnis

(pek)