Dr. Herbert Schlangemann - oder die Geschichte eines pseudowissenschaftlichen Nonsens-Papiers

Eine vom Programm SCIgen generierte Forschungsarbeit zu neuen Erkenntnissen auf dem Gebiet der Informationstheorie hat es zu hohen Ehren gebracht. Dem Autor wurde sogar die Leitung eines Arbeitsstrangs bei einer wichtigen IT-Konferenz übertragen.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

"Oft ist das Denken schwer, indes, das Schreiben geht auch ohne es", dichtete einst der deutsche Schriftsteller, Zeichner und Maler Wilhelm Busch. Ähnliche Gedanken müssen auch die Verfasser der Abhandlung "Towards the Simulation of E-Commerce" sowie die Veranstalter der "International Conference on Computer Science and Software Engineering 2008" (CSSE) gehabt haben. Denn die einen ließen der CSSE unter dem Pseudonym Dr. Herbert Schlangemann ein Arbeitspapier zukommen, das vorgibt, sich mit den jüngsten Erkenntnissen auf dem Gebiet der Informationstheorie auseinander zu setzen. Die anderen wiederum fanden das Arbeitspapier nach einer Überprüfung so gut, dass sie Dr. Schlangemann aufforderten, zusätzlich einen Lebenslauf zu schicken – anschließend wurde ihm die Leitung des Arbeitsstrangs "Distributed and Parallel Computing & Embedded Programming" bei der Konferenz Mitte Dezember im chinesischen Wuhan übertragen (PDF-Datei).

Dumm nur, dass es Dr. Herbert Schlangemann von der schwedischen Umeå Universität gar nicht gibt und dass die Verantwortlichen der CSSE – eigenen Angaben zufolge immerhin eine der wichtigsten Veranstaltungen der IEEE Computer Society – nicht bemerkten, dass man ihnen da einen Bären aufgebunden hatte. Denn das Arbeitspapier "Towards the Simulation of E-Commerce" war nichts anderes als ein per SCIgen generiertes pseudowissenschaftliches Nonsens-Papier. Das Programm SCIgen ("An Automatic Computer Science Paper Generator") durchsucht online veröffentlichte Forschungsarbeiten nach bestimmten Stichworten und stellt daraus eine völlig neue Arbeit mit Grafiken, Tabellen und Quellenverweisen zusammen. Entwickelt worden war das Programm einst von Mitarbeitern des Massachusetts Institute of Technology (MIT), um wissenschaftliche Veranstaltungen mit sehr niedrigem Standard zu outen. Wilhelm Busch hätte dazu wohl gesagt: "Der klugen Leute Ungeschick, stimmt uns besonders heiter. Man fühlt doch für den Augenblick, sich auf einmal gescheiter". (pmz)