Röslers Verordnung zur Netzneutralität vorerst gescheitert

Die vom Bundeswirtschaftsministerium auf den Weg gebrachte Verordnung für Netzneutralität wird es wohl nicht mehr vor der Wahl durch Kabinett und Bundestag schaffen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 57 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Die vom Bundeswirtschaftsministerium geplante Verordnung für Netzneutralität wird es wohl vor der Wahl im September nicht mehr geben. Das Vorhaben werde nicht wie geplant Mitte August im Bundeskabinett zur Abstimmung kommen, heißt es aus Regierungskreisen. Damit wären auch die letzten Sitzungen von Bundestag und Bundesrat vor der Wahl im September nicht mehr zu schaffen. Bundeswirtschaftsminister Philip Rösler (FDP) hatte für die Pläne seines Hauses Kritik sowohl von Befürwortern der Netzneutralität als auch von Wirtschaftsvertretern einstecken müssen.

Das Bundeswirtschaftsministerium will mit der Verordnung die "ungerechtfertigte Behinderung oder Verlangsamung des Datenverkehrs in den Telekommunikationsnetzen" verhindern. Provider sollen aber weiterhin Dienste mit verschiedenen Qualitätsklassen und davon abhängige Volumentarifsysteme anbieten können. Allerdings dürfe das "Best-Effort" Prinzip nicht Frage gestellt werden. Danach werden Datenpakete im Netz grundsätzlich mit der gleichen Priorität behandelt.

Rösler hat sich mit dem Vorhaben in der Wirtschaft keine Freunde gemacht. Die Branchenverbände Bitkom und VATM laufen Sturm gegen einen "massiven Eingriff in den Wettbewerb". Zuletzt hatte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) vehement vor einem "Schnellschuss" gewarnt. "Pauschale Verbote schaffen Unsicherheit. Bei der Netzneutralität brauchen wir differenzierte Lösungen, die sorgfältig diskutiert werden müssen“, erklärte BDI-Chef Markus Kerber in Berlin. Der Verband fordert eine "gründlichere Debatte" und die "bessere Verzahnung mit den Plänen der EU-Kommission".

Brüssel bereitet dem großen Wurf für für einen gemeinsamen europäischen Telekommunikationsmarkt vor und will darin auch die Netzneutralität berücksichtigen. Davon sei in dem aktuellen Entwurf aber nicht viel zu sehen, zeigten sich Kritiker enttäuscht. Kommissions-Vizepräsidentin Neelie Kroes hatte wiederholt angekündigt, die Netzneutralität im EU-Recht zu verankern. Die bisher bekannten Pläne der Kommission bleiben allerdings hinter dem Vorhaben aus Röslers Ministerium zurück.

Befürworter der Netzneutralität hatten die Pläne des Wirtschaftsministers dennoch als unzureichend kritisiert. Der Verordnungsentwurf weise in die richtige Richtung, sei aber an entscheidenden Stellen zu schwammig, monierten Vertreter von Landesmedienanstalten, Verbraucherschutz- und Bürgerrechtsorganisationen einer Anhörung im Wirtschaftsministerium vor einigen Tagen in Berlin. (vbr)