Das papierlose Büro bleibt eine Fiktion - fast überall

Nach dem Sommerurlaub beginnt für die Drucker in Deutschlands Büros die Hauptsaison: Aus Zeitmangel werden zahllose E-Mails erstmal ausgedruckt statt gelesen. Viele Firmen gehen nun aber aktiv gegen die Papierverschwendung vor.

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Von
  • Von Daniela Wiegmann
  • Jürgen Seeger
  • dpa

Das papierlose Büro bleibt in Deutschland ein Traum. Millionen E-Mails und andere Dokumente landen Tag für Tag auf dem Drucker statt in elektronischen Archivordnern. Nach dem Sommerurlaub türmen sich die Papierberge in vielen Büros besonders hoch, weil keine Zeit zum Lesen der E-Mail-Schlange bleibt. Etliche Unternehmen appellieren deshalb im Kampf gegen die Papierverschwendung an das Gewissen.

Hinweise unter jeder Mail wie "Think before your print" haben bislang wenig gebracht: Im Schnitt verbrauchte jeder Mensch in Deutschland nach Angaben des Verbandes Deutscher Papierfabriken im vergangenen Jahr 244 Kilo Papier pro Jahr und damit deutlich mehr als im EU-Durchschnitt. Der Höchststand von 253 Kilo im Jahr 2007 ist zwar nicht mehr erreicht worden, doch das liegt nach Angaben des Verbandes nur am Rückgang der Print-Produkte wie Zeitungen und Werbeblättern.

"Fast jeder zweite industriell gefällte Baum weltweit wird zu Papier verarbeitet", kritisiert die Umweltorganisation WWF. Die inzwischen weit verbreiteten Mahnungen unter den Mails taugten zwar gut zur Sensibilisierung für das Thema. "Aber im Zweifel wird die E-Mail dann doch gedruckt", sagt WWF-Waldexperte Johannes Zahnen.

Dabei ist die Technik für das papierlose Büro seit Jahren vorhanden. Intelligente Dokumentenverwaltung könnte die Ablage von Papier in den meisten Fällen überflüssig machen. In der Zahl von 244 Kilo Papier sind zwar alle Papierarten vom Schuhkarton bis zum Klopapier enthalten, das Drucker- und Kopierpapier macht nach Einschätzung von Zahnen aber einen deutlichen Teil der Summe aus. "Man muss deshalb für das Thema immer wieder wachrütteln."

Etliche Firmen bemühen sich aktiv darum, den Papierverbrauch einzudämmen, denn nicht zuletzt ist das Papier auch ein Kostenfaktor für die Betriebe. Am Flughafen München zum Beispiel verbraucht jeder Mitarbeiter mehr als 2000 Blatt Papier pro Jahr – Grund genug für einen entschlossenen Kampf gegen Verschwendung. Der Airport hat deshalb gleich ein ganzes Paket an Maßnahmen beschlossen. Die Warnung vor dem E-Mail-Ausdrucken ist nur eine davon. Zudem dürfen die Mitarbeiter für den internen Gebrauch nur noch Recyclingpapier verwenden, weißes Frischfaserpapier kommt nur noch im externen Schriftwechsel zum Einsatz. Gleichzeitig wurden die Drucker umgestellt, auf standardmäßig doppelseitig und schwarz-weiß. Im Ergebnis ging der jährliche Papierverbrauch von 2600 Blättern pro Mitarbeiter im Jahr 2008 auf rund 2300 Blätter pro Person im Jahr 2012 zurück. Damit spart der Flughafen also 300 Blätter Papier pro Mitarbeiter.

Auch der Siemens-Konzern schaut beim Papierverbrauch genau hin. Bestimmte Werbebroschüren werden nach Angaben eines Sprechers nicht mehr vorsorglich hunderttausendfach ausgedruckt, sondern nur auf Abruf, wenn ein Vertriebsmitarbeiter diese benötigt. Viele Firmen setzen zudem auf Recyclingpapier. Da die Qualität dieser Papiere in den vergangenen Jahren deutlich besser geworden ist, können sie auch für Visitenkarten oder Briefpapier verwendet werden. Anders als früher gilt das Recyclingpapier nicht mehr als Makel, sondern in Zeiten der Nachhaltigkeit eher als förderlich für das Image.

Noch weiter ging schon vor fast 10 Jahren der steirische Landtag. Dort arbeitet man seit Ende 2005 nur noch papierlos. (js)