NSA-Spionageaffäre: Der BND verteidigt sich

Der BND will das NSA-Programm XKeyScore nur zur Auslandsaufklärung eingestzt haben. Derweil gerät SPD-Fraktionschef Steinmeier weiter unter Druck: Wusste er als Ex-Geheimdienstkoordinator mehr über die Zusammenarbeit des BND mit der NSA, als er sagt?

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  • dpa

In der NSA-Affäre verschärft die Koalition die Kritik an SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. FDP-Chef Philipp Rösler verlangte von dem Ex-Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, seine Rolle beim Datenaustausch zwischen deutschen und US-Geheimdiensten lückenlos aufzuklären. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Hartmann, erklärte, Steinmeier sei bereit, dem Bundestagsgremium zur Kontrolle der Geheimdienste Rede und Antwort zu stehen, wenn dies gewünscht sei.

Das neue Hauptquartier des BND in Berlin im Bau

(Bild: Tischbeinahe, Lizenz CC BY-SA 3.0)

In einem für einen Geheimdienst äußerst ungewöhnlichen Schritt begründete der Bundesnachrichtendienst (BND) unterdessen den Einsatz einer von seinem umstrittenen US-Partnerdienst National Security Agency (NSA) zur Verfügung gestellten Spionagesoftware.

Rösler sagte dpa, Steinmeier habe offenbar selbst seiner Partei verschwiegen, dass er 2002 als Kanzleramtschef unter Rot-Grün die Grundlage für die Kooperation zwischen BND und NSA im bayerischen BND-Standort Bad Aibling geschaffen habe. "Dieses Verhalten öffnet Spekulationen Tür und Tor, ob es noch weitere Verabredungen gegeben hat", sagte Rösler. "Ich erwarte deshalb von Herrn Steinmeier, dass er umfassend aufklärt, was zu rot-grünen Regierungszeiten beim Datenaustausch geschehen ist und vereinbart wurde."

Der BND versicherte am späten Donnerstagabend in einer ersten öffentlichen Stellungnahme zum Einsatz der NSA-Software XKeyScore auf Anfrage der dpa, er nutze das Programm nur zur Aufklärung ausländischer Satellitenkommunikation. "Mit XKeyScore kann der BND weder auf NSA-Datenbanken zugreifen, noch hat die NSA Zugriff auf das beim BND eingesetzte System." Durch den bloßen Einsatz des Programms sei der BND auch nicht Teil eines Netzwerkes der NSA.

XKeyScore werde seit 2007 eingesetzt und diene der Erfassung und Analyse von Internetdaten, teilte der Dienst mit. Das Programm werde in Übereinstimmung mit der deutschen Rechtslage genutzt. Es trage der technischen Entwicklung Rechnung, etwa den immer komplexeren und schnelleren Datenübertragungsverfahren im Internet.

"XKeyScore ist ein wichtiger Baustein für die Auftragserfüllung des BND, insbesondere bei der Aufklärung der Lage in Krisengebieten, zum Schutz der dort stationierten deutschen Soldatinnen und Soldaten, im Kampf gegen den Terrorismus und zum Schutz und zur Rettung entführter deutscher Staatsangehöriger." Demnach diente der Einsatz der Software dem BND zur Auslandsaufklärung, wie es in seinem gesetzlichen Auftrag festgeschrieben ist. Damit ist allerdings auch nichts über die Überwachungsprogramme der NSA ausgesagt, wie sie sich aus den Unterlagen ergeben, die der Whistleblower Edward Snowden vorgelegt hat: Auslandsaufklärung des BND auf der einen Seite und NSA-Programme wie PRISM und mögliche NSA-BND-Zusammenarbeit dabei auf der anderen Seite sind zwei getrennte Vorgänge.

Der Dienst betonte, er halte die Vorgaben des G-10-Gesetzes zur Beschränkung des Fernmeldegeheimnisses ein. Der BND und testweise auch das Bundesamt für Verfassungsschutz setzen die Software ein.

Am Mittwoch hatte ein Regierungssprecher erklärt, Steinmeier habe 2002 – während der rot-grünen Regierungszeit – den Grundsatzbeschluss für die gemeinsame Fernmeldeaufklärung von BND und NSA in Bad Aibling getroffen. Am Donnerstag hatte die dpa aus Sicherheitskreisen erfahren, dass der BND seit 2007 legal Informationen an die NSA weiterleitet, die aus seiner Aufklärungsarbeit in Afghanistan und Nordafrika stammen. "Rot-Grün hat für die NSA das Schloss aufgebrochen, Schwarz-Gelb hat die Tür weit aufgemacht", schlussfolgerte Linke-Chef Bernd Riexinger in der Süddeutschen Zeitung.

Steinmeier sagte dem Tagesspiegel mit Blick auf die USA, es sei richtig gewesen, "dass unsere Dienste nach dem 11. September 2001 eng zusammengearbeitet haben, um weitere Terroranschläge zu verhindern". Die Regierung habe seinerzeit "selbstverständlich darauf geachtet, dass Recht und Gesetz eingehalten werden und keine massenhafte Ausspähung deutscher Bürgerinnen und Bürger erfolgt".

Nach den Worten des innenpolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Hartmann, ist Steinmeier bereit, im Parlamentarischen Kontrollgremium Rede und Antwort zum NSA-Skandal zu stehen. Allerdings müsse es um Sachaufklärung gehen, sagte er der Mitteldeutschen Zeitung. Linke-Fraktionschef Gregor Gysi warf Steinmeier in der Passauer Neuen Presse Unehrlichkeit vor: "Es ist unlauter von Herrn Steinmeier, die Bundesregierung jetzt für etwas zu kritisieren, was er selbst eingeleitet hat." (jk)