Groklaw schließt: Aus und vorbei für die Chronisten unendlicher Geschichten

Pamela Jones, anonyme Gründerin des Prozessbeobachtungsportals Groklaw, begründet in ihrem Abschiedsposting das Aus nach zehnjähriger erfolgreicher Arbeit mit den im Zuge des NSA-Skandals bekannt gewordenen Machenschaften der US-Regierung.

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Von
  • Detlef Borchers

Das Prozessbeobachtungsportal Groklaw – lange Jahre Prozessaufklärungs-Site und wichtigstes Dokumentationszentrum der unendlichen Geschichte um die Rechte an Unix – schließt. Die anonyme Groklaw-Gründerin Pamela Jones nennt in ihrem Abschiedsposting die im Zuge des NSA-Skandals bekannt gewordenen Machenschaften der US-Regierung als Grund für das Aus nach zehnjähriger erfolgreicher Arbeit. "Es gibt keinen Schutz gegen die erzwungene Enttarnung." Ein Dienst wie Groklaw sei aber auf Vertraulichkeit und Achtung der Privatsphäre seiner Mitglieder angewiesen, sollte er als echtes Korrektiv funktionieren. Auch privat zieht "Pamela Jones" die Konsequenzen und verlagert ihren E-Mail-Postfach in die Schweiz, wo FSFE-Gründer Georg Greve den sicheren Maildienst MyKolab aufgemacht hat, der von NSA-Begehrlichkeiten Schutz bieten soll.

Groklaw war ursprünglich ein Blog auf Radio Userland. Er entstand im Jahre 2003 im Zuge der "unendlichen Geschichte", der schier endlosen Kette von Prozessen und Eingaben, mit denen der ehemalige Unix-Distributor SCO versuchte, Rechte am Sourcecode von Linux geltend zu machen. "Pamela Jones" sorgte als guter Geist hinter Groklaw dafür, dass jeder Schachzug von SCO seziert und analysiert wurde. Eine große Schaar von Freiwilligen arbeitete ihr zu. Sie stenografierten Gerichtsverhandlungen oder transkribierten Drucksachen, die US-Gerichte auf Papier veröffentlichten. Groklaw lebte auch von der Zusammenarbeit mit der Presse: so hat der Heise Verlag verschiedene deutsche Dokumente übersetzen lassen und diese Übersetzungen Groklaw zur Verfügung gestellt. Lange bevor sich wilde Theorien um ein Web 2.0 entwickelten, zeigte Groklaw so die Möglichkeiten der Selbstorganisation im Internet. Am Ende stand ein fundiertes Prozess-Dokumentationszentrum, das selbst von den SCO-Anwälten genutzt wurde.

Nach den Auseinandersetzungen um SCO weitete Groklaw seinen Fokus aus und dokumentierte praktisch jede juristische Auseinandersetzung in den USA, bei der die Open Source Communitiy und die Free Software Foundation bedroht wurden. Im Zuge dieser Ausweitung hörte Pamela Jones im Mai 2011 auf und übergab das Projekt an Mark Webbink, dem ehemaligen Chefjuristen von Red Hat.

Das nun von Pamela Jones verkündete Aus ist eine öffentliche Mahnung an alle, sich Gedanken über die Sicherheit und Vertraulichkeit der Netzkommunikation zu machen. In einer ersten Reaktion auf P.J. zeigte sich Georg Greve betrübt über den Verlust des wichtigen Dokumentationsangebotes. Weil die Person hinter Pamela Jones sich für Mykolab als Mail-Dienst entschied, sieht sich Greve in seinem Plan bestätigt, einen Schweizer Dienst anzubieten. "Das Land und die dort anwendbare Rechtssprechung ist das wohl wichtigste Kriterium für die Auswahl eines Providers, erklärte Greve gegenüber heise online. "Einige Länder darf man im Moment kaum mit gutem Gewissen empfehlen, dazu gehört neben den USA und Großbritannien wohl auch Deutschland. Allerdings gibt es aktuell keine sinnvollen Informationen darüber, was der genaue Stand für die jeweiligen Länder ist." Greve warnte zudem vor unseriösen Angeboten von "E-Mail-Wunderheilern".

Pamela Jones hat auf eine Mail-Anfrage bisher nicht reagiert. So bleibt es dem Web überlassen, ihr, ihren Mitstreitern und allen aufrechten Nutzern des Internets Glück für die Zukunft zu wünschen. (jk)