Der billigste Kernreaktor der Welt?

General Atomics hat beim US-Energieministerium Fördermittel beantragt, um ein Atomkraftwerk zu kommerzialisieren, das die Kosten der Stromerzeugung um bis zu 40 Prozent senken soll.

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Von
  • Kevin Bullis

General Atomics hat beim US-Energieministerium Fördermittel beantragt, um ein Atomkraftwerk zu kommerzialisieren, das die Kosten der Stromerzeugung um bis zu 40 Prozent senken soll.

Der amerikanische Kernenergie- und Rüstungsriese General Atomics (GA) hat einen Reaktor entwickelt, der preislich mit Erdgas und anderen fossilen Energieträgern konkurrieren soll.

GA arbeitet bereits seit fünf Jahren an der Technik. Nun versucht der Konzern, mehrere Hundert Millionen Dollar an Fördermitteln vom US-Energieministerium einzusammeln, mit denen das Kraftwerk kommerzialisiert werden soll. Es ist nicht das einzige Vorhaben dieser Art – es gibt mindestens noch ein weiteres vergleichbares Design, hinter dem allerdings eine Start-up-Firma steckt.

In den USA ist Erdgas mittlerweile sehr billig. Das ist einer der Gründe, warum die Kernenergie in die Defensive geraten ist. Es gibt zwar neue Reaktordesigns mit geringeren Baukosten, doch die Stromproduktionskosten senkt das normalerweise nicht. GA will hier dagegen 40 Prozent Einsparung erreichen. Schätzungen der US-Energieagentur EIA zufolge könnte das General-Atomics-Design damit bestenfalls mit Erdgas-Kraftwerken konkurrieren.

John Parmentola, Senior Vice President der Energiegruppe bei General Atomics, meint, dass der neue Reaktortyp sicherer sein wird als viele konventionelle. Bei einem Stromausfall soll er sich automatisch herunterfahren und ohne die Notwendigkeit einer konstanten Wassernachspeisung abkühlen. Das wird unter anderem durch die Verwendung keramischer Werkstoffe erreicht, die sehr hohe Temperaturen aushalten, ohne zu schmelzen.

Um die Kosten zu reduzieren, baut General Atomics den Reaktor zudem kleiner als traditionelle Systeme. Daneben soll die Effizienz deutlich gesteigert werden. Mit Helium als Kühlmittel statt Wasser sei es möglich, das Kraftwerk bei höheren Temperaturen zu betreiben, sagt GA. Das System enthält außerdem eine neue Gasturbine zur Stromerzeugung. Dank solcher Veränderungen kann es mehr Leistung aus dem Reaktorkern beziehen. Während konventionelle Reaktoren 32 Prozent der Wärmeenergie in Elektrizität umwandeln, sind es hier 53 Prozent.

Obwohl die größten Kosteneinsparungen von einer geringeren Baugröße herrühren, soll der Reaktor auch im Betrieb billiger sein, weil er weniger Nuklearbrennstoff benötigt. Er geht einerseits effizienter damit um, nutzt aber auch Elemente, die bei konventionellen Systemen zu Atommüll würden.

Einige Experten sind allerdings skeptisch, dass General Atomics das System so umsetzen kann, wie geplant. Mujid Kazimi, Professor für Nukleartechnik und Maschinenbau am MIT, meint, dass der GA-Reaktor zwar durchaus effizienter bei der Stromerzeugung werden könnte. "Ich zweifle aber, dass volle 40 Prozent im Vergleich zu konventionellen Reaktoren erreicht werden."

Der Verkauf des neuen Designs könnte ebenfalls schwierig werden, weil es ganz anders ist als konventionelle Technik. Mit Helium gekühlte Reaktoren wurden zwar in der Vergangenheit bereits gebaut – zwei davon liefen in den 80er Jahren in den USA. Doch sie hatten technische Probleme. "Es gab verschiedene Ausfälle, die zur Abschaltung nach nur wenigen Jahren Betrieb führten", sagt Kazimi. "Entsprechend vermeiden die Stromkonzerne die Technik bislang."

Trotzdem scheinen neuere Helium-gekühlte Reaktoren durchaus in einigen Weltregionen wieder attraktiv zu sein. Dazu gehört China. Das Land baute kürzlich einen 10-Megawatt-Versuchsreaktor und nahm ihn bereits in Betrieb. Eine kommerzielle Version wird allerdings nicht vor 2017 fertig. Sollte General Atomics die Förderung des US-Energieministeriums erhalten, dauert es ebenfalls noch eine Weile, bis die erste Anlage ans Netz geht: Die Firma glaubt, dass kommerzielle Reaktoren dann innerhalb von zwölf Jahren verfügbar wären. (bsc)