Showdown zwischen Pirate Bay und Medienindustrie

Abmahnungen hatten sie jahrelang völlig kalt gelassen, nun müssen sich die Betreiber des BitTorrent-Verzeichnisses in Stockholm erstmals vor Gericht verantworten.

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Ein Hauch von Showdown weht über dem Gerichtsgebäude am Stockholmer Kungsholmen, wenn dort ab Montag (16. Februar) die Betreiber des BitTorrent-Verzeichnisses "The Pirate Bay" gegen Hollywood, Musikkonzerne und den Staatsanwalt antreten. Beihilfe zur Verletzung des Urheberrechts lautet die Anklage gegen Fredrik Neij, Gottfrid Svartholm Warg, Peter Sunde Kolmisoppi und Carl Lundström. Den Beklagten droht eine Höchststrafe von zwei Jahren Gefängnis.

Das Interesse an dem bis März anberaumten Verfahren ist riesig: Zum ersten Mal in Schwedens Geschichte wird ein Gerichtsverfahren live übertragen. Der öffentlich-rechtliche Sender SVT darf allerdings keine Bilder, sondern lediglich den Ton der Verhandlung auf der Webseite seines Programms 24 Direkt streamen.

Die Vorwürfe gehen zurück auf eine Razzia im Jahr 2006, bei der die schwedische Polizei die Pirate-Bay-Server beschlagnahmt hatte. Gleichzeitig verhandelt das Gericht zivilrechtliche Schadenersatzforderungen von Filmstudios und Musiklabels in Höhe von insgesamt 13,1 Millionen Euro.

Sowohl die Piraten wie auch ihre Kontrahenten aus der Medienindustrie sehen das Verfahren als wegweisend im weltweiten Kampf um Filesharing. "Wir sind die größten Vermittler von Kultur und Medien auf der Welt", behauptet Fredrik Neij gegenüber dpa. Juristisch fühlen sich die Betreiber auf der sicheren Seite: Die Piratenbucht sammle lediglich Links, biete aber selbst keine Inhalte auf ihren Servern an, was nach schwedischem Recht legal sei.

Staatsanwalt Hakan Roswall widersprach Anfang 2008 gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: "Es ist das klassische Beispiel für Beihilfe, wenn man als Mittelsmann zwischen Gesetzesbrechern fungiert – gleichgültig, ob in der physischen oder der virtuellen Welt."

Vertreter der Musiklabels versuchen unterdessen, die Öffentlichkeit auf ihre Seite zu ziehen: "Dieser extrem detaillierte Fall wird die versteckten Abläufe hinter der Pirate Bay offenlegen", versicherte Verbandssprecher Jo Oliver der Londoner Times. Während sich die Macher der Seite öffentlich als Web-Freiheitskämpfer darstellten, würden sie in Wirklichkeit an der Verletzung der Rechte Dritter Geld verdienen – über Werbebanner auf ThePirateBay.org.

Seit der Gründung im Jahr 2003 hat sich die Seite zum weltgrößten BitTorrent-Tracker mit geschätzten 25 Millionen Nutzern entwickelt. Klagedrohungen der Software- und Unterhaltungsindustrie ließen die Betreiber jahrelang völlig kalt, eine Auswahl der Abmahnungen haben sie veröffentlicht. Ihre Server haben sie angeblich in mehreren Ländern verteilt, die Stockholmer Richter können die Seite also nicht im Alleingang aus dem Netz nehmen lassen.

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(cwo)