Überwachungs-Skandal: Ehemaliger NSA-Chef rechtfertigt Exploits

Für den Ex-NSA-Chef Michael Hayden gehören Exploits zum täglich Brot der Geheimdienste: "Ethik und Recht erlauben uns, diese auszunutzen, um Amerikaner sicherer zu machen."

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Von
  • Monika Ermert

Michael Hayden, ehemaliger Chef der NSA, hat am gestrigen Donnerstag ausdrücklich gerechtfertigt, dass der US-Geheimdienst Exploits ausnutzt. Der Dienst agiere dabei streng nach der "Nobus"-Regel ("Nobody but us", niemand außer uns). "Wenn man zehntausende Quadratmeter Cray-Computer braucht, um eine Verschlüsselungsschwachstelle auszunutzen, sind wir weder ethisch noch rechtlich verpflichtet, diese Lücke zu schließen. Ethik und Recht erlauben uns, diese auszunutzen, um Amerikaner sicherer zu machen", sagte Hayden in einer von der Washington Post organisierten Diskussionsrunde zu Cybersicherheit in Washington.

Sicherheitslücken auzunutzen sei nichts Internet-spezifisches, erklärte Hayden. Es gehöre vielmehr seit über 60 Jahren zum Geschäft des Geheimdienstes, Schwachstellen in Systemen auszunutzen, "seien es bestehende, zufällige oder gestaltete". Die gezielte Manipulation von Crypto-Standardisierungsprozessen sorgte in den vergangenen Wochen für intensive Diskussionen über die Zusammenarbeit von NSA und der Standardisierungsbehörde NIST, die mehrfach große Wettbewerbe für neue Hash-Algorithmen veranstaltete. Eine NIST-Ankündigung, im jüngst als SHA2-Nachfolger ausgewählten Keccak-Algorithmus zugunsten der Performanz auf die höchst-mögliche Sicherheit zu verzichten, sorgte für viel Kritik unter Kryptographie-Experten.

Hayden und Mike Rogers, der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Abgeordnetenhaus, äußerten sich in Washington zum langfristigen Schaden, den die Snowden-Enthüllungen angerichtet hätten. Eine Sorge, die die beiden umtrieb, ist die Schwierigkeit, weitere Sicherheitsgesetze durchzubringen. Die Debatte über den Cyber Intelligence Sharing and Protection Act (CISPA) sei schon schwierig genug gewesen, sagte Hayden. Durch den CISPA soll unter anderem die Zusammenarbeit von Geheimdiensten und Privatfirmen legalisiert werden.

Dank Snowden sei eine ganze Legislaturperiode verloren, beklagte Rogers, der den CISPA im Februar diesen Jahres nochmals auf den Weg gebracht hatte. Er hoffe, im Senat doch noch ein Gesetz zum Informationsaustausch durchzubringen. Snowdens Enthüllungen schadeten der Geheimdienstarbeit langfristig, sagte Hayden. "Er hat nicht nur einzelne Informationen enthüllt, sondern die Art, wie wir geheimdienstlich Informationen sammeln."

Die Reaktion des Ex-NSA-Chefs auf die Nominierung von Snowden für den Sakharov-Preis des Europäischen Parlaments sorgte für zahlreiche kritische Berichte in den USA. Hayden sagte, in seinen dunklen Stunden habe er auch schon an eine "Nominierung Snowdens" gedacht, "allerdings für eine ganz andere Liste". Rogers sagte, das könne er unterstützen. Hayden und Rogers Anspielung bezieht sich auf die unter Präsident Bush eingeführte und von Barack Obama erweiterte Todesliste. (axk)