US-Abgeordnete fühlen sich von Geheimdiensten hintergangen

Die US-Geheimdienste lassen sich nicht gern kontrollieren. Nicht einmal vom Parlament, dessen Job es eigentlich ist [--] so klagt ausgerechnet ein Abgeordeter der Republikaner.

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Die Kontrolle der US-Geheimdienste obliegt in erster Linie dem US-Parlament. Doch diese Kontrolle funktioniert nicht, wie Abgeordnete beider Parteien bei einer Veranstaltung des libertären Cato-Instituts am Donnerstag ausgeführt haben. Die Geheimdienste erschwerten den Politikern die Arbeit systematisch, und manchmal lögen sie auch einfach. Zu viele Abgeordneten seien dabei Komplizen.

"Immer und immer wieder haben sich die (für die Kontrolle zuständigen) Geheimdienstausschüsse nicht als Freunde des Parlaments, sondern als Feinde des Parlaments entpuppt", sagte Justin Amash, junges republikanisches Mitglied des Repräsentantenhauses in seiner Rede, "Die Ausschussmitglieder erhalten nur sehr generelle Angaben. Daher wissen sie überhaupt nicht, was sie fragen sollen. Das artet zu einem lächerlichen Spiel aus."

Wortklauberei und eigenwillige Interpretationen der benützten Vokabeln seitens der Regierungsvertreter täten ihr Übriges. Ein "Nein, wir tun das nicht", könne bedeuten, dass der befragte Geheimdienst die betreffende Tätigkeit unter einem anderen Programm vornehme. Oder dass ein anderer der zahlreichen Geheimdienste es tue. In einem Fall habe ein Abgeordneter in der dritten oder vierten Sitzung, in denen er immer wieder die gleiche Frage leicht abgewandelt gestellt hatte, endlich eine Bestätigung seines Verdachts erhalten. Die Regierungsvertreter wollten dann zu einem späteren Zeitpunkt entsprechende Dokumente vorlegen. Dafür wählten sie einen höchst unmöglichen Termin, und schickten die Einladung über ein spezifisches Kommunikationssystem des Parlaments, sodass sie eigentlich untergehen musste.

Ein Mitarbeiter Amashs entdeckte die Einladung zufällig und informierte einige weitere Abgeordnete. Tatsächlich kam sonst niemand zu der Sitzung, weil sonst niemand davon wusste. Vor Einsichtnahme in die Dokumente mussten die Mandatare noch eine Stillschweigevereinbarung (NDA) unterzeichnen. "Wir dürfen nicht einmal mit anderen Abgeordneten darüber sprechen, und die haben alle eine Top-Secret-Clearance", erklärte Amash.

Geheime Gerichtsentscheidungen werden den Volksvertretern sowieso vorenthalten, "vielleicht mit Ausnahme der Vorsitzenden der Geheimdienstausschüsse", mutmaßt Amash. Ebenso geheim sind die offiziellen Auslegungen der einschlägigen Gesetze durch die Regierung. Im Ergebnis entscheiden die Politiker über Gesetze, ohne zu wissen, was diese bedeuten. Hinzu kommt das Problem, dass die Parlamentarier nicht selbst Experten in allem und jedem sein können. In Überwachungsfragen können da aber auch ihre Mitarbeiter nicht helfen, wie Amash erläuterte. Denn selbst zur Einsichtnahme jener Dokumente, die außerhalb der nicht-öffentlichen Ausschusssitzungen zugänglich gemacht werden, müssten die Mitarbeiter zunächst eine Sicherheitsüberprüfung durchlaufen. "Das kann länger als ein Jahr dauern", weiß Amash, "So lange bleibt aber kein Mitarbeiter." Die Amtsperiode der Mandatare selbst dauert ja nur zwei Jahre.

Insider könnten helfen, dürfen sie aber nicht. "Es gibt keine Möglichkeit, zum Parlament zu kommen, und Alarm zu schlagen", so der Republikaner. Geheimdienstmitarbeiter könnten sich nur an ihre Vorgesetzten wenden, was aber keine Abhilfe schaffe. "Sie müssten zu Leuten gehen, die nicht Teil jenes Systems sind, das Informationen vor dem Parlament versteckt. Nach derzeitiger Rechtslage kann ich jedoch gar nichts tun, um Whistleblower zu schützen. Sie brächen das Recht, und würden wahrscheinlich auch mir selbst Probleme bereiten." Besonders schlecht ist Amash auf James Clapper zu sprechen. Diese ehemalige Luftwaffengeneral ist Koordinator aller Geheimdienste. Er hat das Parlament direkt angelogen. "Er sollte zurücktreten. Er sollte wegen Anlügens des Parlaments vor Gericht gestellt werden", ärgerte sich Amash, "Wenn wir uns das gefallen lassen, haben wir jede moralische Autorität verloren."

Amash hofft auf Reformen der bestehenden Gesetze. Ein von ihm gemeinsam mit dem Demokraten John Conyers verfasster Antrag, das Amash-Conyers-Amendement, ist aber im Juli knapp gescheitert. Weitere Gesetzesvorlagen sind angekündigt, haben jedoch nur mit gehörigem öffentlichen Druck eine Chance. Dieser, so verriet Amash, könne nur über persönliche Telefonanrufe erzeugt werden. E-Mails oder andere Formen von Protest seien nutzlos. Im Parlament seien Anrufe von Bürgern die entscheidende Währung, nach der Mandatare die Bedeutung einer Entscheidung und die öffentliche Meinung einschätzten. (it)