Grüne zum NSA-Skandal: "Der totalen Überwachung eine klare Absage erteilen"

Die Grünen wollen laut einem Parteitagsbeschluss auf zahlreichen Ebenen gegen die Netzspionage durch die NSA und ihre Partnerdienste vorgehen. Sie fordern, die Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit den USA auszusetzen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 138 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Die Grünen haben sich gegen die umfassende Netzspionage durch die NSA und ihre Partnerdienste wie das britische GCHQ ausgesprochen. "Eine öffentliche Diskussion und schonungslose Aufarbeitung dieses größten Ausspähskandals in der Geschichte der westlichen Demokratien ist überfällig", heißt es in einem Beschluss (PDF-Datei) ihrer Bundesdelegiertenkonferenz vom Wochenende in Berlin. Es sei Aufgabe der künftigen Bundesregierung, einer solchen "totalen Überwachung eine klare Absage zu erteilen".

Der Verdacht eines "institutionalisierten Ringtauschs verfassungswidrig erlangter Daten durch die Dienste" sei nicht ausgeräumt, heißt es in dem Papier der Grünen. Die Aufklärung habe noch nicht einmal richtig begonnen. Notfalls müsse der Bundestag einen Untersuchungsausschuss einrichten. Die "nationale Sicherheit" dürfe nicht zum "schwarzen Loch des europäischen Rechtsstaats werden, in dem die Regierungen unrechtmäßige Maßnahmen verstecken könnten.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Die Grünen wollen nicht mehr hinnehmen, dass die noch amtierende Regierung den Skandal auszusitzen versuche. Die Bundesregierung müsse endlich offenlegen, welche Methoden und Mittel sie selbst einsetzt, welche Informationen sie über die Bespitzelungspraktiken ausländischer Geheimdienste habe und in welchem Umfang Daten deutschen Sicherheitsbehörden zur Verfügung gestellt würden.

Die Grünen sprechen sich dafür aus, den Militärischen Abschirmdienst (MAD) und das Bundesamt für Verfassungsschutz aufzulösen. Darüber hinaus sollen die Befugnisse eines neu zu schaffenden Inlandsgeheimdienstes sowie des Bundesnachrichtendienstes enger gefasst werden. So sollen die Spione "grundsätzlich keine Schwachstellen in fremde Soft- und Hardware einbauen oder offenhalten dürfen".

Auch die Telekommunikations- und Internetfirmen wollen die Grünen stärker in die Pflicht nehmen. Wenn diese wissentlich die Grundrechte von Europäern durch Datentransfers gefährdeten, müsse diskutiert werden, ob und inwieweit diese weiterhin auf dem EU-Markt tätig sein dürften. Dies sei im Rahmen der laufenden Datenschutzreform festzuschreiben.

Um schnell zu erweiterten internationalen Datenschutzbestimmungen zu kommen, halten die Grünen laufende Verhandlungen mit den USA über transatlantische Verträge für den passenden Hebel. Die "Safe Harbor"-Erklärung über einen erleichterten Datentransfer für US-Unternehmen, das SWIFT-Abkommen zur Übermittlung von Finanzdaten sowie die Fluggastdaten-Übereinkunft wollen die Grünen aufkündigen.

Darüber hinaus hat der Parteitag einen weiteren Beschluss (PDF-Datei) verabschiedet, die Gespräche über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA auszusetzen. Die Grünen fürchten die Erosion von Umwelt- und Sozialstandards sowie den Abbau von Datenschutz- und Verbraucherrechten, die Infragestellung der Netzneutralität und eine verschärfte Durchsetzung von Urheberrechten. Die EU-Kommission scheine die die beim ­ letztlich gescheiterten ­ Anti-Piraterie-Abkommen ACTA gemachten Fehler bei TTIP wiederholen zu wollen. (vbr)