Joggen oder Sport hilft dem Homo sedens vor dem Computer nichts

US-Wissenschaftler wollen herausgefunden haben, dass die physiologischen Folgen längeren Sitzens nicht durch Sport am Feierabend kompensiert werden können.

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Joggen, der Gang ins Fitnesszentrum oder andere körperliche Ertüchtigungen reichen nach einer Studie von Biomedizinern der University of Missouri-Columbia, die in der Zeitschrift Diebates veröffentlicht wurde, meist nicht aus, um wirksam dem Risiko von Herzkreislauferkrankungen, Diabetes, Dickleibigkeit oder anderen Ursachen eines vorzeitigen Todes zu begegnen. Der moderne Mensch sitzt einfach zu viel, meist die Hälfte der Zeit, in der er wach ist. Und den Rest der Zeit ist homo sedens auch zu wenig in Bewegung. Trotz des technischen Wandels hätte die Menschheit zwar noch nicht den historisch neuen Zustand der körperlichen Inaktivität erreicht, aber zu weit sei man von der Schwelle wohl doch nicht entfernt.

Epidemiologische Studien würden jedenfalls zeigen, dass lange Zeiten des Sitzens Gesundheitsrisiken ansteigen lassen. Wer zu bequem lebt, riskiert ein kürzeres Leben. Das epidemische Sitzen vor den Bildschirmen während der Arbeit und in der Freizeit heißt schließlich weitgehende Inaktivität der Muskeln – und damit werden die Enzyme, die das Fett verbrennen, ausgeschaltet. Kurze, auch anstrengende Muskelkontraktionen durch Sport kompensieren die von einer längeren muskulären Inaktivität ausgehenden physiologischen Folgen nicht, wollen die Wissenschaftler herausgefunden haben. Viel wichtiger sei, regelmäßig aufzustehen und mal herumzulaufen.

Die Wissenschaftler untersuchten Menschen und Tiere, um zu sehen, was mit dem Fett bei der sitzenden Inaktivität geschieht. Bei Mäusen und Ratten bleibt das Fett, wenn diese sich nicht bewegen, im Fettgewebe und gelangt nicht ins Blut, um an die Muskeln zu gelangen, wo es verbrannt wird. Zudem werden durch Inaktivität die Lipasen, die Enzyme, die das Fett spalten, nach wenigen Stunden des Sitzens auf einen Wert zurückgefahren, der nur noch 10 Prozent des normalen entspricht. Das habe sich auch bei dem in Muskeln von Menschen injiziertem Fett gezeigt. Mit den Lipasen sinkt auch HDL, das überschüssiges Cholesterin zur Leben transportiert und damit aus dem Körper schafft.

Man habe die physiologischen Auswirkungen langen Sitzens, das durch die moderne Technik weiter gefördert wird, bislang zu wenig unersucht. Dabei spielt es keine Rolle, ob man am Computer Hände und Arme bewegt, da die großen Muskeln, die viel Fett verbrennen, sich vor allem in den Beinen und im Rücken befinden, die etwa auch beim Computerspielen weitgehend inaktiv bleiben. Wenn aber durch das Sitzen die Enzyme unterdrückt werden, die Fett verbrennen, dann kann sich eben nicht mehr viel tun.

Um die Folgen herauszufinden, die der Übergang des homo sapiens zum homo sedens mit sich bringt, seien dringend mehr Studien erforderlich, sagen die Wissenschaftler. Schließlich könne es sein, dass die Menschen, die sich jetzt schon immer weniger bewegen, künftig noch weniger fitt werden, wenn sie weiterhin überwiegend sitzen. Problematisch sei vor allem, wenn die Folgen von zu geringer nicht-sportlicher Aktivität während des gesamten Tages nicht beachtet und vielleicht auch gar nicht wissenschaftlich erforscht würden.