Deutschland soll aus Euratom-Vertrag aussteigen

Denn mit dem Atomausstieg entfällt das Ziel, "zur Entwicklung der Kernenergie zur Hebung der Lebenshaltung in den Mitgliedsstaaten" beizutragen

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Seit dem 25. März 1957 ist Deutschland Mitglied der Europäische Atomgemeinschaft (Euratom). Damals war der Zusammenschluss auch eines der ersten europäischen Einigungsprojekte und an die Kernenergie wurden teilweise sehr große, fast mythische Hoffnungen geknüpft. Von den tatsächlichen Gefahren während des Betriebs und den Ewigkeitskosten, die dereinst das Atomzeitalter hinterlassen würde, ahnte man noch nichts.

Doch sollte ein Land wie Deutschland, das sich klar zum Abschied von der energietischen Nutzung der Kernenergie entschieden hat, jetzt nicht auch aus dem veralteten Vertrag aussteigen? Auch um ein Zeichen zu setzen für den Technologiewandel nach dem Ende der kurzen Atomära in Richtung regenerative und dezentrale Energieversorgung? ( Debatte im Bundestag)

Denn das Ziel des Euratom-Vertrags widerspricht, 55 Jahre nach seiner Formulierung, ganz klar den heutigen Erkenntnissen und politischen Zielsetzungen. Artikel 1 des Euratom-Vertrags: "Aufgabe der Atomgemeinschaft ist es, durch die Schaffung der für die schnelle Bildung und Entwicklung von Kernindustrien erforderlichen Voraussetzungen zur Hebung der Lebenshaltung in den Mitgliedstaaten und zur Entwicklung der Beziehungen mit den anderen Ländern beizutragen."

Auch der zweite Hauptaspekt des Vertrags, die europäischen Beziehungen, wird heute in einer viel enger zusammengewachsenen Europäischen Union durch vielfältige Kooperationen erreicht.

Hans-Gerd Marian, Bundesgeschäftsführer der NaturFreunde schlägt deshalb vor: "Der Euratom-Vertrag muss schnellstmöglichst aufgelöst und stattdessen die Gründung einer 'Europäischen Gemeinschaft zur Förderung von erneuerbaren Energien und Energieeinsparung' vorangetrieben werden!" Der Euratom-Vertrag habe außerdem erhebliche demokratische Defizite.

Das Prozedere für einen Austritt Deutschlands aus Euratom sei mit dem Vertrag von Lissabon in dessen Artikeln 106a und 50 bereits geregelt, so dass in Zukunft jeder Mitgliedsstaat Euratom verlassen könne. Behauptungen, ein Austritt eines Mitgliedsstaates sei gleichzeitig mit einem Austritt aus der EU verbunden, seien deshalb nicht zutreffend.