Mafiöse Methoden

Der Mitschnitt einer Telefonkonversation ist einem Vorstandsmitglied des niederländischen Pendants zur GEMA, der Buma/Stemra, in einem grotesken Urheberrechtsfall zum Verhängnis geworden

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Der vor allem mit satirischen Radioprogrammen, aber auch der Aufdeckung handfester Skandale in Politik und Wirtschaft erfolgreiche Amsterdamer Radiosender Powned hat ein Telefonat des Buma/Stemra-Vorstandes Jochem Gerrits aufgezeichnet, in dem dieser ohne Umschweife Bestechungsgelder von einem Vereinsmitglied einfordert. Der Komponist Melchior Rietveldt hatte sich mehrfach an die Rechteverwertungsgesellschaft gewandt, da ihm im Zuge einer Urheberrechtsverletzung ein Millionenschaden entstanden sei, dessen Bereinigung eigentlich zu den Aufgaben der Buma gehört.

Nachdem diese vier Jahre untätig gewesen war, bot Vorstandsmitglied Gerrits dem Finanzberater des Komponisten an, sich der Sache anzunehmen. Im Gegenzug sollte Rietveldt die Rechte am inkriminierten Material dem privaten Verlag des Buma-Vorstandes überschreiben und zusätzlich auf ein Drittel des zu erwartenden Schadensersatzes verzichten - wiederum zu Gunsten Jochem Gerrits'. Nach der Veröffentlichung der Aufzeichnung des Erpressungsversuches am Mittwoch Abend und dem sich anschließenden erheblichen Presseecho in den Niederlanden ist Gerrits am Donnerstag von seinem Posten zurückgetreten. Ob der Vorgang strafrechtliche Folgen für den ehemaligen Vorstand haben wird, ist derzeit noch nicht abzusehen.

Die von Rietveldt beklagte Rechteverletzung ist nicht weniger grotesk als ihr vorläufiges Finale. 2006 wurde er von BREIN, einer niederländischen Stiftung zur Bekämpfung der Piraterie geistigen Eigentums, beauftragt, einen Kinospot musikalisch zu untermalen. Vertraglich vereinbart war, dass die Musik nur lokal und zeitlich begrenzt eingesetzt werden dürfte. Umso mehr staunte der Komponist, als er den Spot inklusive seiner Komposition auf einer von ihm gekauften DVD wiederfand. Seine Recherchen ergaben, dass das kein Einzelfall war. Inzwischen geht Rietveldt von mehreren Millionen vertragsbrüchig in Umlauf gebrachten Kopien seines geistigen Eigentums aus.

Wie Melchior Rietveldt für diese bislang beispiellose Paarung aus geradezu krimineller Energie und epischer Vertragsbrüchigkeit entschädigt werden wird, ist offen. Seinen Fall wird man jetzt aber weder bei BREIN noch bei der Buma/Stemra übergehen können. Der jetzt entstehende Schaden für die Copyrightlobby und die Verwertungsgesellschaften lässt sich zwar kaum in geldwerte Verluste umrechnen, das Image der Saubermänner im Interesse der Künstler dürfte aber kräftig angekratzt sein.