Zwei Drittel der Deutschen fordern Überdenken der Laufzeitverlängerung

Nach einer Umfrage sprechen sich nur 31 Prozent für eine Verlängerung aus, Mehrheitsmeinung ist dies nur bei den Unions-Anhängern

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Nach den Protesten gegen den Castor-Transport sagen 76 Prozent der Deutschen über alle Altergruppen hinweg, die Bundesregegierung solle ihren Beschluss zur Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke doch noch einmal überdenken. Dieser Meinung ist mit 57 Prozent auch eine Mehrheit der Unions-Wähler. Bei SPD-, Grünen- und Linkewählern sprechen sich um die 90 Prozent dafür aus. Wie es bei den FDP-Wählern aussieht, geht aus der Umfrage nicht hervor, die laufen unter Sonstige, wo 63 Prozent ein nochmaliges Überdenken fordern. Auch in Baden-Württemberg und Bayern sind 73 bzw. 72 Prozent dieser Ansicht.

Im Auftrag des Kampagnennetzwerks Campact, das die Proteste gegen Atomkraft unterstützt, hat TNS-Emnid 1002 Bundesbürger für eine repräsentative Umfrage zu ihrer Haltung zur Atompolitik der Bundesregierung befragt. Bundesweit sind die Befürworter der Laufzeitverlängerung wenig überraschend in der Minderheit. Mit 31 Prozent spricht sich nicht einmal ein Drittel dafür aus, 64 Prozent lehnen sie ab.

Am meisten Befürworter gibt es in Bayern sowie in Sachsen und Thüringen mit jeweils 41 Prozent. In Bayern wollen 58 Prozent dies nicht, nur in Sachsen und Thüringen bilden die Ablehner mit 47 Prozent keine absolute Mehrheit. Männer befürworten die Laufzeitverlängerung stärker als Frauen, ältere Menschen geringfügig mehr als jüngere. Die meisten Anhänger der Laufzeitverlängerung findet man mit 40 Prozent bei den Menschen, die die Volksschule besucht, aber keine Lehre gemacht haben, und mit 42 Prozent bei denjenigen, die zwischen 2000 und 2500 Euro verdienen. Bei den Schülern ist die Ablehnung dagegen am höchsten.

Die CDU/CSU-Anhänger sind die einzige Gruppe, die mit 62 mehrheitlich die Laufzeitverlängerung für gut halten, bei den Sonstigen sind mehr (48%) dagegen als dafür (42%). Bei den Nichtwählern würden die Laufzeitverlängerung keine große Unterstützung finden. Wenig verwunderlich, da aus der Anti-AKW-Bewegung entstanden, sind die Grünen-Wähler (93%) weiterhin am meisten dagegen, aber die Wähler der Linken und der SPD mit jeweils 79 Prozent.

Christoph Bautz von Campact nutzt die durch die Umfrage geschaffene Gelegenheit, weiter gegen die Atompolitik zu mobilisieren: "Die schwarz-gelbe Koalition verliert in diesen Tagen den letzten Rückhalt in der Bevölkerung für ihre Klientelpolitik im Interesse der großen Energiekonzerne. Die Castor-Proteste haben dazu geführt, dass sich die übergroße Mehrheit der Bundesbürger mittlerweile hinter der Anti-Atom-Bewegung versammelt." Campact hat eine Online-Initiative gestartet, mit der sie den Bundespräsidenten Wulff auffordert, das geänderte Atomgesetz, das die Bundesregierung am Bundesrat vorbei schleusen will, nicht zu unterzeichnen, da es deswegen gegen die Verfassung verstoße. Der Appell an den Bundespräsidenten wurde bislang von mehr als 100.000 Menschen unterschrieben.