Bessere Luft? Vielleicht. Mehr Bürokratie? Ganz sicher!

Feinstaub-Urteil des Europäischen Gerichtshofs: Bürger können Aktionsplan einklagen

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Mit dem heutigen Urteil des Gerichtshofs der europäischen Gemeinschaften können EU-Bürger, die in verkehrsreichen Zonen wohnen, künftig "bei den zuständigen Behörden die Erstellung eines Aktionsplans erwirken", wenn sie Grund zur Annahme haben, dass die Grenzwerte für Feinstaubpartikel überschritten werden.

Bedeutet das jetzt ein "europäisches Recht auf saubere Luft"? Für den Kläger Dieter Janecek (siehe: Bundesweites Recht auf saubere Luft) ist das auf jeden Fall ein wichtiger Schritt dahin, sagte er gegenüber Telepolis, mit diesem Urteil könne sich niemand mehr aus der Verantwortung stehlen. Endlich könnten die Bürger europaweit einen Anspruch auf einen Aktionsplan geltend machen; mit dem Urteil könne der Fahrlässigkeit, die die Bürger gefährlichen Luftverschmutzungen aussetzt, entgegen gewirkt werden.

"Der Handlungsdruck auf die Behörden ist deutlich gestiegen."

Allerdings räumt Janecek auch ein, dass eine wichtige Stelle im Urteil weniger scharf ist als gewünscht. So führen die Richter aus, "dass die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, [...] Maßnahmen dahin gehend zu ergreifen, dass es zu keinerlei Überschreitung kommt". Aber es wird ihnen auferlegt - unter Aufsicht der nationalen Gerichte – dass sie mit kurzfristigen Maßnahmen im Rahmen eines Aktionsplans dafür sorgen, die Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte oder der Alarmschwellen "auf ein Minimum zu verringern und schrittweise zu einem Stand unterhalb dieser Werte oder Schwellen zurückzukehren."

Da ist einiger Spielraum drin, so Janecek. Andererseits sei es auch unrealistisch zu erwarten, dass die Grenzwerte von einem Tag auf den anderen unterschritten werden können. Das Urteil verpflichte zu einer stetigen Verbesserung:

"Jedes Jahr muss es besser sein."

Die Behörden würden es schwer haben, sich da "herauszumogeln", glaubt Janecek. Wahrscheinlich sei, dass Umweltzonen , die teilweise völlig uneffektiv sind, schrittweise verschärft würden. Auf die Frage, ob sich an seiner Straße schon etwas getan habe, sagt Janecek "nein". Das "Nein" wird von einem Lachen begleitet, das eigentlich das Lachen eines Mannes sein könnte, der um das Scheitern hinter allen Teilerfolgen weiß; aber es steckt keine Resignation darin. Obwohl sich nach gut drei Jahren eines mühsamen Kampfes auf dem Rechtsweg praktisch nichts getan hat.

Janecek lebt in München am Mittleren Ring, etwa 900 Meter nördlich von einer Luftgütemessstelle. Nach den Messergebnissen an dieser Messstelle wurde der Immissionsgrenzwert für Feinstaubpartikel in den Jahren 2005 und 2006 weitaus mehr als 35 Mal überschritten, obwohl das Bundesimmissionsschutzgesetz nicht mehr als 35 Überschreitungen zulässt.