Naivität kontra Verschwörungstheorie

Außer Kontrolle

Dass die Akten zum "Thüringer Heimatschutz" beim Thüringer LKA auf geheimnisvolle Weise verschwunden sind, überrascht nicht mehr wirklich. Doch trotz allem ist noch immer von Pannen und Versagen die Rede.

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"Neue Aufklärungspannen um den Thüringer Heimatschutz" titelt die Welt und dieser Bezeichnung schließen sich von der Süddeutschen bis hin zur Tagesschau etliche Medien an, wenn es um die gesamten bisherigen Ungereimtheiten rund um die NSU, den Thüringer Heimatschutz und die Zwickauer Zelle geht.

Eine Panne, so wird laut Duden ein "Fehler; durch gedankenloses oder unvorsichtiges Handeln verursachtes Missgeschick" bezeichnet. Schon dass das Wort "Missgeschick" in der Definition auftaucht, zeigt, dass zum einen eine Panne eher keine gravierenden Schäden hat und durch "gedankenloses oder unvorsichtiges Handeln" herbeigeführt wurde. Ein Vorsatz ist insofern bei einer Panne nicht zu erkennen.Es ist daher nur zu gut nachvollziehbar, dass die Medien die Begrifflichkeit "Panne" oder "Versagen" verwenden da diese Wortwahl von keinem beabsichtigten Handeln bzw. dessen Resultate ausgeht.

Wer die diversen "Pannen", die bei den Ermittlungen rund um die "Zwickauer Zelle" bzw. dem "Thüringer Heimatschutz" betrachtet, der stellt fest, dass es gerade im Bereich Verfassungsschutz offenbar Personen gibt, die sich jeglicher Kontrolle entziehen konnten, wobei hier nicht etwa die Mitglieder der ZZ oder des THS gemeint sind, sondern vielmehr die Mitarbeiter der beteiligten Verfassungsschutzämter. Da gibt es also (ehemalige) Chefs, die nicht einmal wissen, weshalb sie von wem ernannt worden sind, die aber zunächst angeben, im betrunkenen Zustand während einer Party eine Ernennungsurkunde in die Hand gedrückt bekommen zu haben, dann wiederum meinen, sie wüssten jetzt wieder selbst, wie die Ernennung von statten gegangen sei: es wäre sehr formlos gewesen, ein kurzer Besuch in einem Büro und das war es. Dann gibt es Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz, die ohne Rückfrage Akten schreddern und nun gesellt sch zu diesen ganzen Ungereimtheiten auch noch der Verlust von Akten, die den THS betreffen beim thüringischen LKA. Je mehr Aufklärung in Bezug auf die Strafverfolgung und den Verfassungsschutz betrieben wird, desto größér und tiefer wird der Sumpft aus Unfähigkeit und Narrenfreiheit. Die Anzahl der Ungereimtheiten lässt jedoch immer öfter auch die Frage aufkommen, ob es hier tatsächlich um Unfähigkeit, um Pannen und um Versagen gehen kann oder ob hier letztendlich nicht gerade auch ein Vorsatz vorliegt.

Wie kann es möglich sein, dass nur dem Chef der Name eines Informanten bekannt ist, es jedoch keinerlei Möglichkeiten gibt, den Realnamen der Person oder Näheres über diese Person zu erfahren, hat sie doch etliche finanzielle Mittel durch den Verfassungsschutz erhalten. Dies und viele andere offene Fragen lassen nicht nur die Forderung nach der Abschaffung des Verfassungsschutzes wieder laut werden, sie lassen insbesondere auch langsam den Schluss zu, dass hier keineswegs nur geschlampt wurde, sondern dass gezielt Desinformation betrieben wurde und wird. Es mutet naiv an zu glauben, dass so viele Ungereimtheiten rein mit Unfähigkeit begründet werden können und auch wenn viele Menschen prinzipiell bei der Vermutung, dass Verfassungsschützer eventuell von Rechtsextremen unterwandert worden sind oder aber sonstige, durchaus unterstützende Verbindungen bestehen, von einer Verschwörungstheorie ausgehen, so stellt gerade die Affäre "Thüringer Heimatschutz" die Hoffnung, es könne beim Verfassungsschutz und auch beim LKA in Thüringen immer alles mit nicht-rechten Dingen zugegangen sein, auf eine harte Probe.