Nur spanische Regierung wurde von Abstufung überrascht

Die Ratingagentur senkt die Kreditwürdigkeit Spaniens an den Rand der Ramsch-Grenze mit negativem Ausblick

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Für die spanische Regierung hat sich am Donnerstag Wirtschaftsstaatssekretär Fernando Jiménez Latorre "überrascht" von der Abstufung der Kreditwürdigkeit des Landes gezeigt. Die Ratingagentur Standard&Poor's (S&P) hatte in der Nacht auf Donnerstag die Bonität des viertgrößten Eurolands um zwei Stufen auf "BBB-" gesenkt. Staatsanleihen des Landes sind nun an der Grenze zur Ramsch-Anleihe angelangt. Da der Ausblick weiter "negativ" ist, wird mit einer erneuten Abstufung gerechnet. Dann ist Spanien nur noch eine spekulative Anlage und bei einer Verschlechterung der Lage müsste mit Ausfällen gerechnet werden.

Als Begründung nennt S&P die "strenge und sich vertiefende Rezession". Die geht mit den Sparprogrammen einher, weshalb die Wirtschaftsleistung weiter sinkt. Damit verkleinere sich der Handlungsspielraum der Regierung, meint die Agentur. Die steigende Arbeitslosigkeit und die Einschränkungen bei den Staatsausgaben vergrößerten die soziale Unzufriedenheit und führten zu weiteren Spannungen, spricht S&P große Proteste und den bevorstehenden Generalstreik an. Jeder Vierte in Spanien ist schon ohne Job, mehr als die Hälfte aller jungen Menschen.

Zweifel gebe es auch am Willen einiger Euro-Länder, die Kosten für eine Rekapitalisierung spanischer Banken auf alle Schultern zu verteilen. Auffällig ist, dass auch steigende Spannungen zwischen der Zentralregierung und den Regionen angeführt werden. Zugespitzt drücken sie sich in der Absicht Kataloniens aus, die Bevölkerung nach Neuwahlen im November über die Unabhängigkeit abstimmen zu lassen. Madrid hat anerkannt, dass ohne Katalonien "Spanien nicht im Euro bleiben kann", sagte Justizminister Alberto Ruiz Gallardón am Montag. Lange war behauptet worden, ein unabhängiges Katalonien sei nicht lebensfähig. Nun sieht Madrid ein, dass Spanien ohne die Milliarden aus der wirtschaftlich starken Region in schweres Wasser geraten würde. Da nun in der EU 2014 Schottland verbindlich über die Unabhängigkeit abstimmen wird, bleiben Spanien kaum Argumente, diesen Weg den Katalanen zu verweigern.

Beobachter sind erstaunt über die Überraschung der spanischen Regierung, denn die Abstufung zeichnete sich ab. Moody's hatte Spanien längst auf diese Schwelle abgestuft und auch Fitch hatte die Bonitätsnote im Juni um gleich drei Stufen gesenkt. Nur für diese Agentur ist das Land noch eine Stufe von der Ramsch-Grenze entfernt. Es steht noch eine Einstufung von Moody's aus. Sie wurde auf Oktober verschoben. Erwartet wird, dass sie als erste Agentur Spanien als Ramsch einstufen wird. Fast allen Banken des Landes hatte die Agentur Ende Juni schon diese Note verpasst.

Dass Moody's diesen Schritt gehen wird, zeichnete sich mit ihrer Einschätzung zum Stresstest spanischer Banken und dem Haushalt 2013 ab. Hatte die Beraterfirma Wyman den Kapitalbedarf der Banken mit höchstens 60 Milliarden Euro beziffert, geht Moody's von bis zu 103 Milliarden Euro aus. Es sei mit zu positiven Annahmen gerechnet worden, vor allem bei der Wirtschaftsentwicklung der kommenden Jahre.

Spanien wird Defizitziele noch Jahre verpassen

Wie der Internationale Währungsfonds (IWF) erwarten die Agenturen, dass die spanische Wirtschaft 2013 etwa dreimal so stark schrumpft, wie die Regierung mit 0,5 Prozent erwartet. Deshalb gehen der IWF, S&P, Moody's und Fitch davon aus, dass Spanien seine Defizitziele noch Jahre verpassen wird. Wolle es sie erfüllen, müssten zusätzliche Einsparungen erfolgen, womit die Rezession weiter verschärft werde, meint S&P. Unterschwellig fordert S&P wie der IWF von Spanien, endlich den umfassenden Rettungsantrag zu stellen, um "dauerhaft den schwierigen Finanzierungsbedingungen" zu begegnen.

Der IWF hatte zu Beginn der Herbsttagung im japanischen Tokio am Mittwoch geradezu ein Horrorszenario für das Land gezeichnet. Wenn nicht rechtzeitig die richtigen Entscheidungen getroffen würden und die Eurokrise andauere, könnten die Zinsen für Staatsanleihen auf etwa neun Prozent steigen und die Wirtschaft 2013 sogar um 3,2 Prozent schrumpfen. Auf die Nachfrage der Journalisten an IWF-Chefvolkswirt Blanchard , ob damit der Gang unter den Rettungsschirm gemeint ist, wich er aus. Er erklärte, man sei "zur Hilfe bereit" wenn sie beantragt werde, sagte er. Damit war die Wortwahl fast gleich, wie die, mit der kürzlich der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) Spanien den Gang unter den Rettungsschirm empfahl.

An den Kapitalmärkten fielen die Reaktionen auf die Abstufung verhalten aus, weil sie erwartet wurde. Zinsen für spanische Staatsanleihen stiegen nur leicht, doch der Trend wieder nach oben bestätigt sich. Gingen die Börsen in Madrid und Frankfurt zunächst in den Keller, drehten sie bald in Frankfurt bald wieder ins Plus. Händler erklärten das damit, die Abwertung durch S&P werde den spanischen Gang unter den Rettungsschirm nur weiter beschleunigen, der ohnehin im Bündel mit anderen Ländern geplant ist. Damit wird der unbegrenzte Kauf von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) möglich, was für Entspannung sorgen werde.