Was kostet Open Access für wissenschaftliche Veröffentlichungen?

In Open-Access-Journalen zahlen Autoren für das Publizieren ihrer Artikel, die Preise sind sehr unterschiedlich

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Der Mathematiker Tyler Neylon forderte im Januar dieses Jahres über eine eigens eingerichtete Website Wissenschaftlerkollegen zum Boykott des der Preistreiberei bezichtigten Wissenschaftsverlages Elsevier auf und taufte diese Seite The Cost of Knowledge.

Nachdem zuletzt, z.B. mit der drohenden Abschaffung der Open-Access-Mandate in den USA durch den Research Works Act, eher die Thematik des geistigen Eigentums (oder besser: der Immaterialgüter) erörtert wurde, brachte Neylon mit seiner Initiative wieder die Kostenfrage auf die Agenda der Open-Access-Diskussion. Zusätzlich belebt wurde diese Debatte unter anderem durch das Memorandum on Journal Pricing des Fakultätsrats der Harvard University, der Wissenschaftsverlagen unterstellte, durch ihre Geschäftspolitik ein finanziell nicht tragfähiges und restriktives wissenschaftliches Kommunikationssystems herbeigeführt zu haben.

Während sowohl Neylon als auch der Fakultätsrat der Harvard University ihren Fokus eindeutig auf das Geschäftsgebaren der Subskriptionsverlage richten, die wissenschaftliche Publikationen nur einem zahlungsfähigen und zahlungswilligen Benutzerkreis im sogenannten Closed Access zugänglich machen, wirft der angekündigte Publikationsservice Peerj Fragen nach der Preisgestaltung in Open-Access-Journalen auf.

In Open-Access-Journalen zahlen Autoren für das Publizieren ihrer Artikel, damit deren Nutzung für jeden entgeltfrei möglich ist. Die bekannteste und visionärste Open Access Journal Familie, die Public Library of Science ( PLoS), legt sieben wissenschaftliche Zeitschriften auf, die sich allesamt in ihrem Fachspektrum zu den Top-Journals zählen dürfen. Die Autorengebühren, die Wissenschaftler für das Publizieren ihrer Artikel in einem der PLoS-Journals entrichten müssen, reichen von 1.350 US-Dollar im Falle von PLoS One bis zu 2.900 US-Dollar bei einer Veröffentlichung ins PLoS Biology. Entlohnt wird man mit der Reputation des Journals, die sich für viele Wissenschaftler, vor allem Mediziner, im Journal Impact Factor (JIF) ausdrückt.

JIF-Score und der Preis, den Autoren für die Publikation eines Artikels zahlen müssen, stehen zumindest nicht immer in einem direkten Zusammenhang: Eine Publikation in PLoS Neglected Tropical Diseases kostet 2.250 US-Dollar bei einem JIF von 4,752; für den gleichen Preis kann man auch in PLoS Genetics publizieren, das einen JIF von 9,543 aufweist. Je 2.900 US-Dollar kosten Artikel in PLoS Biology (JIF 12,472) und PLoS Medicine (JIF 15,617). Auch wenn die unterschiedlichen JIF-Scores nur wenig über die Qualität der einzelnen Journals aussagen und zum Großteil den nach Disziplin je unterschiedlichen Zitationsusancen und -häufigkeiten entspringen, stellt sich doch die Frage, warum die Publikationsgebühren so unterschiedlich und auch so hoch ausfallen.

Dies trifft auch auf den ebenfalls sehr erfolgreichen und 2008 von Springer Publishing aufgekauften Open Access Verlag BioMed-Central ( BMC) zu. BMC veröffentlicht insgesamt 220 Open-Access-Journals, die teils JIF-Scores von 5 oder mehr erreichen, so im Falle von BMC Genome Biology mit einem Wert von 6.89. Allerdings stehen auch hier JIF-Score und Preis der Publikationen nicht immer unmittelbar in Zusammenhang: Artikel in Biology Direct (JIF 3,74) schlagen mit 2.015 US-Dollar zu Buche, wohingegen Wissenschaftler für eine Publikation in Breast Cancer Research (JIF 5,79) nur 1.980 US-Dollar zahlen müssen.

Ausschlaggebend für die Preisgestaltungen dürften vor allem die Konkurrenz anderer Journale sein, die es auszustechen gilt, sowie die Nachfrage der Autoren, die zumindest teilweise auch von JIF-Werten bestimmt ist. Dennoch sind die Autorengebühren so etwas wie die große Unbekannte in der Finanzierungsformel des Open Access. Die Open-Access-affine Consultin Alma Swan geht in einer 2010 erschienen Studie über Open-Access-Publikationsgebühren in Großbritannien davon aus, dass bei einer landesweiten Umsetzung des Publizierens in Open-Access-Journalen mit durchschnittlichen Artikelgebühren von maximal 750£ (beim heutigen Stand ca. 1.200 US-Dollar) Ersparnisse zu erwarten sind. Sollten die Gebühren höher liegen, könnten forschungsintensive (und damit in großem Umfang publizierende) Universitäten finanziell belastet werden.

Auch wenn eine Studie von Solomon & Björk aus diesem Jahr Entwarnung signalisiert und nachweist, dass die durchschnittlichen Publikationsgebühren sich derzeit auf ca. 900 US-Dollar belaufen, oder Houghton (ausgehend von den wirtschaftlichen Parametern des Jahres 2007) bei der flächendeckenden Umsetzung von Open Access Journalen und der Einführung von Autorengebühren beispielweise für Großbritannien nach einer Übergangsphase eine Ersparnis von 480 Millionen € erwartet, stellt sich die Frage, warum Open-Access-Publikationen Autorengebühren in der oben genannten Höhe von bis zu 2.900 US-Dollar erfordern.

Zumal auch andere Geschäftsmodelle möglich zu sein scheinen: Die erwähnte Plattform PeerJ soll im Herbst 2012 online gehen und will Open-Access-Publikationen zum Discount-Preis anbieten. Wer eine einmalige Mitgliedschaft erwirbt, soll lebenslang über PeerJ publizieren können. Einen Verzicht auf die Qualitätssicherung via Peer Review bedeute dieser Preis aber nicht, auch wenn die Mitgliedschaften schon ab einer einmaligen Zahlung von 99 US-Dollar erworben werden können. Vermutlich wird PeerJ weitere Mitgliedsmodelle anbieten, die gegen Zahlung höherer Gebühren zusätzliche Services mit sich bringen. Das Konzept für nicht tragfähig zu halten, wäre voreilig: Unter den PeerJ-Machern findet sich der PLoS-Mitbegünder Peter Binfield, dessen Erfahrungen im Open-Access-Publizieren schwer zu toppen sein dürften.