Neo-Templer fordern Computerspielzensur

Das "Großpriorat Deutschland" des OSMTH legt dem Bundestag ein Konzept für ein Herstellungsverbot vor, das unter anderem von Günter Krings unterstützt wird

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Die Templer waren ein Kreuzritterorden, der 1312 aufgelöst wurde. Im 19. Jahrhundert gründete sich im Zuge der Mittelalterromantik ein neuer Templerorden, der von Napoleon III. die Genehmigung zum Verwenden der alten Symbole bekam. Das als Verein eingetragene "Großpriorat Deutschland" dieses "Ordo Supremus Militaris Templi Hierosolymitani" (OSMTH) bemüht sich nach eigener Darstellung "die christlichen Werte der Nächstenliebe, verbunden mit der alten Weltoffenheit und Toleranz [sic] der Templer zu erhalten und zu fördern".

Dieses Anliegen manifestiert sich aktuell in einem Kreuzzug gegen "negative" Computerspiele. Dazu schickte das Großpriorat der Internet-Enquêtekommission des Bundestags über den CDU-Abgeordneten Uwe Schummer ein Konzept für ein "Verbot der Herstellung und des Vertriebs von Computerspielen mit negativen Inhalten". Unterstützt wird der Vorschlag unter anderem vom Abgeordneten Günter Krings, der Netzsperren gegen Immaterialgüterrechtsverletzungen fordert und zuletzt dadurch auf sich aufmerksam machte, dass er meinte, die Vorwürfe gegen Karl-Theodor von und zu Guttenberg seien "lächerlich" und Teil einer "Schmutzkampagne", weil dessen Doktorarbeit ja beim "höchst renommierten Wissenschaftsverlag" Duncker & Humblot erschien, in dem auch er selbst seine Doktorarbeit unterbrachte.

Die Neo-Kreuzritter begründen ihre Forderung mit einer angeblich durch Computerspiele hervorgerufenen "Verrohung", die hohe Kosten für die kommunale Jugendhilfe mit sich bringe. Außerdem könne solcherart verdorbener Nachwuchs nicht mehr vernünftig zur Arbeit eingesetzt werden, was der Wirtschaft schade. Als Beispiele für "negative" Computerspiele nennen die Neo-Templer zwar Resident Evil und das auch vom deutschen Feuilleton als Meisterwerk anerkannte GTA, aber angesichts der häufigen Darstellung des Ritterordens in der populären Kultur drängen sich auch andere Beispiele auf, die man möglicherweise nebenbei zu erledigen hofft.

Beim OSMTH möchte man sich dazu gegenüber Telepolis ebenso wenig äußern wie bei Ubisoft, der Firma, die Assassin’s Creed im Angebot hat. Offener zeigt sich Matthias Finke von der dtp entertainment AG, in deren demnächst erscheinendem Spiel The Cursed Crusade Kreuzritter ebenfalls eine tragende Rolle spielen. Er verweist angesichts der Rolle des Ordens in solchen Produkten auf die "besondere Note" der Forderung, die er unter anderem aufgrund des sehr unscharfen Begriffs "negativ" als "absurd" bezeichnet. "Gegen das propagierte Menschenbild", so der dtp-Manager, "das 'ungeeignete' Mitglieder der Gesellschaft ausmachen will und eine solche unmenschliche Kategorisierung zudem allein an der Art des Medienkonsum festzumachen versucht, protestieren wir vehement".