Musikindustrie will Wegwerfen von CDs verbieten

Als Begründung wird nicht der Umweltschutz, sondern eine angebliche Copyrightverletzung ins Feld geführt

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Von
  • Peter Mühlbauer

Die Musikindustrie konnte sich in den vergangenen Jahren einige ungewöhnliche Rechte sichern – etwa das auf direkte Datenabfrage beim Internetprovider oder ein Verbot von "Umgehungstechnologie". Nun formulierte die Universal Music Group (UMG) in den USA einen neuen Anspruch. Danach sollen auch der Weiterverkauf und das Wegwerfen von CDs Copyright-Verletzungen darstellen können.

Universals Anwalt Russell Frackman, der für die Musikindustrie unter anderem den Napster-Prozess gewann, erhob diesen Anspruch im Rahmen eines Prozesses gegen Troy Augusto, der Promo-CDs des Labels auf eBay angeboten hatte. Frackman argumentiert, Augusto habe die CDs nicht weiterverkaufen dürfen, weil sie ihm vom Musikkonzern nicht verkauft wurden und deshalb die "first-sale doctrine" nicht greife. Diese besagt unter anderem, dass die Kontrolle von Monopolrechtsinhabern nur bis zum ersten Verkaufsvorgang eines Tonträgers gilt, weshalb er gebraucht beliebig oft weiterveräußert werden darf.

Die Musikindustrie versuchte bereits mehrmals, den Weiterverkauf von gebrauchten Tonträgern zu unterbinden, was ihr aber aufgrund des bereits 1908 vom Supreme Court eingeführten Rechtsgrundsatzes nie gelang. 1976 wurde in einer Gesetzesänderung festgelegt, dass für die Geltung dieses Grundsatzes kein Verkauf notwendig ist, sondern auch andere Formen der Inverkehrbringung reichen. Nicht greifen sollte der Grundsatz dagegen bei lediglich vermieteten Objekten. Seitdem entwickelte sich vor allem zu Software eine ausgesprochen widersprüchliche Rechtsprechung. Hier beriefen sich Hersteller teilweise darauf, dass ihre Software nicht verkauft, sondern lediglich lizenziert würde.

Die Electronic Frontier Foundation (EFF) befürchtet im Falle des Erfolgs der Klage auch Folgen für Verbraucher und übernahm deshalb Augustos Verteidigung. Problematisch an der Argumentation Frackmans sei unter anderem, dass er Augusto die Beweislast für den Erstverkauf auferlegen will. Würde diesem Anliegen stattgegeben, könnte dies für Verbraucher heißen, Belege für CDs jahrzehntelang aufheben zu müssen. Der Universal-Anwalt sieht außerdem in Augustos Angabe, er hätte die CDs im Falle der Unverkäuflichkeit verschenkt oder weggeworfen, eine "ungenehmigte Verbreitung" und damit eine Copyrightverletzung.

Die Musikindustrie verschickt viele Tausende von Promo-CDs – meist ungefragt. Im Allgemeinen werfen Radiosender und Redaktionen solche CDs weg. Eine umweltbewusstere Minderheit trägt sie in Second-Hand-Läden; archiviert werden solche Musikbemusterungen in Zeiten zunehmender Raumnot kaum noch. (pem)