"Soziale Umweltverschmutzung"

Ein indisches Dorf verbietet Frauen das Benutzen von Mobiltelefonen

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Das Dorf Sunderbari liegt in einer überwiegend moslemisch besiedelten Region östlich von Patna, der Hauptstadt der Bundesstaates Bihar. Es erregt gerade landesweites Aufsehen, weil dort eine Bürgerversammlung, an der angeblich 90 Prozent der etwa 8.000 Einwohner teilnahmen, Frauen das Benutzen von Mobiltelefonen verboten und dies mit dem Kampf gegen "soziale Umweltverschmutzung" begründet hat. Konkret befürchtet man, dass das mobile Telefonieren es begünstigt, dass Töchter ihren Vätern und Frauen ihren Männern davonlaufen.

Manuwar Alam, der dem "Beratungskomitee" zur Einführung des Mobiltelefonverbots für Frauen vorsteht, erzählte der indischen Presse, dass die Flucht von Töchtern in der jüngsten Vergangenheit ebenso rapide zugenommen habe wie der Ehebruch. Alleine in den letzten sechs Monaten hätten sich sechs Mädchen und Frauen dauerhaft von ihren Familien entfernt. Das sei nicht nur für die direkt Betroffenen, sondern für alle Männer im Dorf extrem peinlich – vor allem, wenn sie Nachbardörfer aufsuchen müssten und dort darauf angesprochen würden.

Wer zukünftig dabei erwischt wird, wie er unverheiratet ohne Penis mobil telefoniert oder eine SMS verschickt, der muss dem neuen Gesetz nach mit einer Strafe in Höhe von 10.000 Rupien (aktuell gut 140 Euro) rechnen. Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Anruf durch Wählen zustande kommt oder nur durch Abheben. Verheiratete Frauen dürfen zwar nicht auf der Straße, aber in ihren eigenen vier Wänden mobil telefonieren und kommen mit 2.000 Rupien Bußgeld deutlich billiger davon. Diese Strafe soll an das "Beratungskomitee" fließen, wo ein Dr. Shadir Amam das Geld "verwaltet".

Neben dem Verbot von Mobiltelefonen beschloss die Bürgerversammlung auch ein Badeverbot für Frauen im örtlichen Teich und eine Zuständigkeit des Beratungskomitees für Ehestreitigkeiten und Vergewaltigungsvorwürfe. Allerdings äußerten höherrangige Behörden bereits massive Zweifel daran, dass Vorschriften legal zustande gekommen sind. Alam machte deshalb hinsichtlich der Bußgeldbewehrung bereits einen Rückzieher und behauptet nun (abweichend von früheren Aussagen), darüber sei es in der Versammlung gar nicht gegangen.