Mutmaßliche griechische Steuerflüchtlinge erhalten "Polizeischutz"

Griechischer Journalist wegen Publizierens der "Liste Lagard" vorübergehend festgenommen

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Der griechische Journalist Kostas Vaxevanis wurde am Sonntag von der Polizei festgenommen, nachdem er eine Liste von über 2000 Griechen veröffentlicht hatte, die Konten bei einer Schweizer Bank unterhalten und u.a. der Steuerhinterziehung verdächtig sind. Dem Journalisten eines eher kleinen Blattes wird Verletzung der Privatsphäre vorgeworfen. Es handelt sich um die Liste von 2007, welche die französischen Finanzministerin Christine Lagarde vor zwei Jahren ihrem griechischen Kollegen Giorgos Papakonstantinou übergab. Während bei der Verfolgung von zum Teil prominenten Steuerflüchtigen keine Eile geboten scheint, ist deren Datenschutz jedoch offenbar ein Fall für den Staatsanwalt. Vexevanis wurde allerdings lediglich drei Stunden lang verhört, nicht aber inhaftiert, wie man anhand einer BBC-Meldung vermuten könnte.

Auch in Deutschland wäre das Veröffentlichen geleakter Kontodaten unzulässig, würde jedoch bei einem Journalisten, der lediglich Empfänger bereits rechtswidrig kursierender Daten ist und nicht zu Straftaten angestiftet hat, nur als Ordnungswidrigkeit, nicht aber als Straftat verfolgt. Das Einrücken etwa in Redaktionen mit der Polizei ist seit der SPIEGEL-Affäre in Deutschland relativ unpopulär. Selbst das Veröffentlichen eines Dienstgeheimnisses rechtfertigt nicht ohne Weiteres eine Durchsuchung einer Redaktion, wie das Bundesverfassungsgericht 2007 entschied. Die Instrumentalisierung von Strafrecht gegen seriösen Journalismus wird jedoch vereinzelt in Sachsen beobachtet. Jedoch wäre mit zivilrechtlichen Unterlassungs- und Schadensersatzklagen zu rechnen. Da die Betroffenen keiner Straftaten überführt sind, wäre das Veröffentlichen zivilrechtlich grundsätzlich unzulässig. Allerdings könnte eine Veröffentlichung bzgl. dreier Namen wegen hohem Berichtsinteresse der Öffentlichkeit gerechtfertigt sein, denn auf der Liste befinden sich zwei frühere Minister sowie ein Berater des Premierministers.

In Griechenland hat Pressefreiheit erst seit Ende der dortigen Militärdiktatur eine nennenswerte Tradition. Damals war den Redaktionen allgemein verboten, was nach Meinung der Pressekontrollabteilung dem Wirken der nationalen Regierung abträglich sei. Unvergessen ist eine Sternstunde aus den 1960er Jahren, die Daniele Ganser in "NATO Geheimarmeen in Europa" (2005/2008) beschreibt: So hatte seinerzeit die Überwachung der Oppositionellen beim griechischen militärischen Geheimdienst KYP eine kaum beherrschbare Papierflut ausgelöst, woraufhin die CIA einen Computer beisteuerte. Der Oberschlapphut hatte damals das imposante Gerät vor geladenen Journalisten demonstriert und geprahlt: "In Griechenland können Sie nun friedlich schlafen, weil diese wunderbare Errungenschaft der amerikanischen Wissenschaft niemals schläft." Als er stolz auf den Knopf für "Staatsfeinde" drückte, erschien auf dem Bildschirm eine Datei über einen anwesenden Journalisten.