Streiks sorgen für Verkehrschaos in spanischen Metropolen

Mit Streiks gegen Privatisierungen laufen sich Gewerkschaften für den Generalstreik warm

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Mit Staus auf den Straßen und Wartezeiten im öffentlichen Nahverkehr begann diese Arbeitswoche schwierig für viele Spanier. Das galt besonders den Metropolen Madrid und Barcelona. In beiden Städten war der Streik besonders deutlich spürbar, weil in der Hauptstadt neben der Bahn auch die Metro bestreikt wurde und in Barcelona zudem noch der Busverkehr. In Madrid summierten sich Staus am Morgen auf 120 Kilometer, weil viele Menschen auf das Auto umgestiegen sind. Mit "Minimaldiensten" konnten die Auswirkungen nur gemildert werden, welche Zentral- und Regionalregierungen einseitig festgelegt hatten. Die Gewerkschaften sprechen von einem "Missbrauch". Um den Streik auszuhebeln, wurde festgesetzt, dass 75 Prozent aller Fernverkehr- und Güterzüge fahren sollten, in Madrid auch im Nahverkehr.

Man richtete sich gegen die massive Sparpolitik der konservativen Regierung. Die will insgesamt in den nächsten Jahren insgesamt 100 Milliarden Euro einsparen. Das ist die Summe, mit der marode Banken vor dem Absturz bewahrt werden sollen, weshalb Spanien schon einen Rettungsantrag gestellt hat. Während sich die Bahn-Beschäftigten gegen die geplante Privatisierung stemmen, wurde die Metro wegen des Bruchs der Tarifverträge bestreikt, denn den Beschäftigten im öffentlichen Dienst wurde das Weihnachtsgeld gestrichen, womit sie einen Monatslohn verlieren. Protestiert wurde auch dagegen, dass die Preise deutlich gestiegen sind. Schon im Mai wurden die Tickets der Madrider Metro um 11 Prozent teurer, die des Metro-Busses sogar um 29 Prozent. Auch zum Ärger vieler Touristen ist das Metro-Ticket zum Flughafen mit fünf Euro nun sogar doppelt so teuer wie früher.

Das Verständnis für die Streikenden wächst angesichts der Tatsache, dass die Löhne ständig sinken, doch die Preise steigen und steigen, wie am 1. September nach der Anhebung der Mehrwertsteuer auf 21 Prozent. Die Geduld der Bevölkerung wird in den nächsten Wochen noch oft auf die Probe gestellt werden. Die Metro-Beschäftigten haben drei weitere Streiktage angekündigt und auch die Bahn-Beschäftigten werden weiter gegen Privatisierungen kämpfen, mit denen die Regierung unter Mariano Rajoy versucht, das hohe Haushaltsdefizit zu senken.

Die Gewerkschaften fürchten massive Entlassungen, obwohl Spanien schon Weltmeister ist. 25 Prozent der aktiven Bevölkerung sind arbeitslos. Verwiesen wird auch auf die negativen Erfahrungen bei der Bahn-Privatisierung in Großbritannien, wo staatliche Subventionen sogar angestiegen sind. An diesem Beispiel könne man sehen, dass es eine "Lüge" sei, dass die Bahnkarten billiger würden. Richtig sei, dass der Service viel schlechter werde. Für das Defizit der spanischen Bahn seien das "Missmanagement" und eine falsche Verkehrspolitik verantwortlich, weil vor allem auf teure Hochgeschwindigkeitsstrecken (TAV) gesetzt worden sei. Viel Geld wurde in diese teuren Strecken gesteckt, während die Grundversorgung ausblute, wird kritisiert. Einige TAV-Strecken mussten mangels Fahrgästen schon stillgelegt werden, wie die zwischen Toledo, Cuenca und Albacete. Sie bescherte der Bahn, neben den Baukosten, täglich einen Verlust von 18.000 Euro, weil sie durchschnittlich von neun Personen befahren wurde.

Für viele ist offensichtlich, dass mit den Streiks die Gewerkschaften den Druck auf die Regierung erhöhen und ein neuer Generalstreik in immer näher rückt. "Wenn keine andere Möglichkeit bleibt, wird es einen Generalstreik geben", sagte Ignacio Fernández Toxo nun am Montag. Der Chef der großen Arbeiterkommissionen (CCOO) forderte die Regierung auf, die "Ohren nicht zu verschließen". Die Regierung habe für einen zweiten Generalstreik in nur wenigen Monaten den "Schlüssel in der Hand".

Die CCOO und die kleinere Arbeiterunion (UGT) zogen eine sehr positive Bilanz des "Marsch auf Madrid" am Wochenende. Hunderttausende haben am Samstag in der Hauptstadt gegen die Sparpolitik demonstriert und von der Regierung gefordert, die Bevölkerung per Referendum darüber abstimmen zu lassen. Rajoy habe im Wahlkampf genau das Gegenteil der Politik versprochen, die er nun exekutiere. Wahlbetrug warfen ihm mit den Gewerkschaften etwa 900 Organisationen vor. Die CCOO und die UGT wollen nun am 25. September Gewerkschaften aus ganz Europa von der Notwendigkeit eines Euro-Protesttags überzeugen. "Mobilisieren für ein soziales Europa", soll das Motto lauten. Im Rahmen dieses Protesttags soll der nächste Generalstreik in Spanien im Herbst stattfinden.