Bildung scheint vor Demenz zu schützen

Menschen mit unterschiedlichem Bildungsgrad haben im Alter ähnliche Schäden im Gehirn, aber die mit einer längeren Ausbildung können diese besser kompensieren

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Höhere Ausbildung scheint das Risiko, an Demenz zu erkranken, zu senken. Das wurde von einigen Studien bestätigt. Mit dem Grad der Ausbildung, was vermutlich auch heißt, je mehr Zeit für diese aufgewendet wurde, desto geringer ist das Demenzrisiko.

Britische und finnische Wissenschaftler konnten diesen Zusammenhang nun erneut in einer Studie belegen, die in der Zeitschrift Brain erscheinen wird. Sie haben die Gehirne von 872 verstorbenen Menschen (56 Prozent hatten Demenz) untersucht, die an drei großen, über 20 Jahre sich errteckenden Langzeitstudien über das Altern teilgenommen hatten. Dabei wurden auch Daten zur Ausbildung der Teilnehmer festgehalten. In dieser Studie lag das Demenzrisiko pro zusätzlichem Ausbildungsjahr 11 Prozent niedriger, was eine ganze Menge ist.

Unklar ist allerdings, ob die Länge der Ausbildung die Ursache für das Phänomen aus, also ob frühe und intensive kognitive Tätigkeiten (oder der verschobene Eintritt in die Arbeitswelt) das Gehirn vor den Veränderungen schützt, die mit der Demenz einhergehen. Andere Gründe könnten auch sein, dass besser gebildete Menschen eher gesünder leben oder meist aus reicheren Schichten stammen.

Die Wissenschaftler sind nach Untersuchung der Gehirne aber der Überzeugung, dass die Länge der Ausbildung doch entscheidend ist. An den Gehirnen der Menschen, die durchschnittlich 70 Jahre nach Abschluss ihrer Ausbildung gestorben sind, zeigte sich zwar, dass Menschen mit unterschiedlichem Bildungsgrad ähnliche neurodegenerative und vaskuläre Schäden im Gehirn aufweisen, aber dass die mit höherem Bildungsgrad die Folgen der Demenz anscheinend besser kompensieren können (Hypothese der Kognitionsreserve).

Möglicherweise ist daran auch die Gehirngröße beteiligt, die bei Menschen mit längerer Ausbildung normalerweise zunimmt. Auch hier könnte sein, dass größere Gehirne zu längerer Ausbildung disponieren oder dass sie eine Folge der längeren Ausbildung sind. Aus dem Grad der pathologischen Veränderungen kann man offenbar nicht direkt auf die Stärke der Demenz schließen. Bei höher Gebildeten sind mehr Schäden im Gehirn erforderlich, um Demenz auszubilden, als bei weniger Gebildeten.

Die Neurowissenschaftlerin Carol Brayne von der Universität Cambridge, die die Studie geleitet hat, glaubt, aus dem Ergebnis eine politische Konsequenz ziehen zu können, nämlich dass längere und bessere Ausbildung in der Jugend sich positiv auf die Gesellschaft sowie die Gesundheit und die Lebenszeit der Menschen auswirkt. Man könnte auch sagen, wenn man früh in Bildung investiert, haben die Menschen später eine größere Chance, länger selbständig leben zu können und so auch die Gesundheitskosten zu mindern.