Alle sind dumm und Google ist schuld (IV): Die Profi-Netzwerker

Klitzekleine Vorbemerkung: Dies ist Artikel Nummer vier in einer kleinen Reihe, in der es im wesentlichen darum geht, zu zeigen, was 'Onliner der Generation 2.0' so alles lernen (können, wenn sie wollen).

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Klitzekleine Vorbemerkung:

Dies ist Artikel Nummer vier in einer kleinen Reihe, in der es im wesentlichen darum geht, zu zeigen, was 'Onliner der Generation 2.0' so alles lernen (können, wenn sie wollen). Es ist weder beabsichtigt noch möglich noch sinnvoll, das hier erwähnte Wissen jeweils auch darzustellen. dazu wäre eher eine Buchreihe und eine begleitende Seminarveranstaltung geeignet. Oder man macht einfach das im Artikel erwähnt und lernt "by doing." Und wie immer finden sich eigentlich alle nötigen Tipps und Infos "im Netz" (Überraschung).

Frühere Folgen:

* Alle sind dumm und Google ist schuld

* Alle sind dumm und Google ist schuld (II): Die Blogger

* Alle sind dumm und Google ist schuld (III): Die Wikipedia

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Disclosure: Ich habe bei XING Ambassador-Status, das in etwa heißt: Ich hab unterschrieben, dass ich brav bin und bestimmte Dinge tue, zum Beispiel Events organisieren, (dieser Artikel gehört nicht dazu ;) ) und dafür zahle ich keine Premiumgebühren mehr, was doof ist weil ich grade drei Jahre verlängert hatte.

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Zunächst wäre wohl abzugrenzen: Unter Profi-Netzwerker wollen wir nicht die verstehen, deren Beruf es ist Visitenkartenpartys und Business-Speed-Dating und ähnlichen Ringelpietz mit und ohne Anfassen zu organisieren. Auch nicht die Freizeit-Netzwerker (zu denen wir noch kommen), die jede Plattform irgendwie zum Hormonmanagement einzusetzen verstehen. (Nicht dass es bei XING diese Versuche nicht gäbe.)

Oder präziser und positiver formuliert: Wir wollen unter Profi-Netzwerker die verstehen, die ihre Kontakte und ihr Netzwerk nicht als Riesenhaufen von Visitenkarten pflegen sondern online, zumindest halböffentlich und mit dem Ziel, beruflich und persönlich sowohl zu profitieren als auch andere profitieren zu lassen. Also: neue Jobs, neue Bekanntschaften, neue Aufträge, neue Informationen. Eine digitale Hand wäscht die andere. Oder wenn man böse will: Elektroseilschaften.

Die negativen Aspekte der elektronischen Netzwerkerei seien kurz abgehandelt, bevor wir zu dem übergehen, was man lernen kann.

Frauen berichten immer wieder von "an ihren Dienstleistungen interessierten Herren", die sich entweder zum Erstgespräch möglichst abends "zum Essen treffen" wollen oder nach erfolgloser Beauftragung einen gemeinsamen Segeltörn vorschlagen.

Manche Neumitglieder wundern sich, dass sie von Versicherungsagenten oder MLM-Akteuren gezielt angesprochen werden. Etwas, was mir noch nicht passiert ist, und beim MLM hat XING z.B. recht harte "policies": ein Kommentator in meinem Blog berichtetet, dass er nur wegen eines Links vom Profil auf seine Homepage, auf der unter anderem auch MLM ein Thema war, von XING gebeten wurde, das Link zu entfernen. er sei dann lieber bei XING ausgetreten.

Wer Facebook professionell nutzen will, ärgert sich wahrscheinlich über die 200 Einladungen, sich doch eine Garten anzulegen oder Vampir zu werden und 200 Leute zu beißen.

Dann gibt es die, die ellenlang darüber diskutieren können und wollen, ob es nun gut oder schlecht ist, wenn die Mitbewerber wissen, wen man alles kennt und wen man gerade kontaktiert hat. Wenn man natürlich trotz anderer Klauseln nach dem Verlassen einer Firma dennoch weiter deren Kunden "privat betreut", ist eine solche Zurückhaltung verständlich.

Und generell bleibt natürlich noch das 1984-Argument: Wie transparent mache ich mich für die Strafverfolgungsbehörden oder für den Staat allgemein, wenn jeder sehen kann, wen ich mal getroffen habe oder mit wem ich eventuell kommuniziere, wenn jeder sehen kann, auf welcher Veranstaltung ich gestern war oder wohin ich morgen wohl gehe.

Zu den anderen Aspekten: Was lerne ich als Profinetzwerker?

* Das ich mir schon überlegen muss, was ich will und nicht will, was ich suche oder biete. Dass ich strategisch und taktisch darlegen muss, was meinen "Wert" im Netzwerk darstellt, so dass mich andere gezielt ansprechen können, wenn sie etwas suchen oder anbieten wollen. Das motiviert dazu, sich selbst die Frage zu stellen, die man sonst eher im Mitarbeitergespräch hört: "Wo willst du in fünf Jahren sein? Was willst du dann tun?"

* Neben den verschiedenen Aspekten, wie man das Profil gestaltet kommt dem Profilbild natürlich eine besondere Rolle zu. Selbst wenn man keinen Profi damit betrauen will, eine zu gestalten, gibt es eine ganze Sammlung von Tipps, was man dabei alles beachten sollte.

* Dann stellt sich die Frage, wen man alles in seinem professionellen Netzwerk haben will: Die Kneipenbekanntschaft von vorgestern? Den wichtigen aber unsympathischen Typen aus der Konkurrenzfirma? Leute, die 2000 Kontakte haben, und sowieso nicht mehr wissen, wer man ist, und einen auch nie empfehlen würden? Diese Entscheidungen gilt es, an die eigenen Ziele anzupassen und durchzuhalten.

* Dass ein Soda-Profil nichts nützt, lernt man auch schnell. Soda-Profil? Das ist ein Profil, das einfach "nur so da" rumliegt. Ohne Aktivität keine Aufmerksamkeit. Kompetentes Agieren in Diskussionsgruppen -aber möglichst nicht über den Tag verteilt alle fünf Minuten ein Chat-Beitrag-, ein Vortrag bei einem XING-Treffen, eventuell sogar die Moderation einer eigenen Gruppe, das bringt einen ins Gespräch und aus dem Gespräch ergibt sich das eine oder andere.

* Dann ist natürlich die Frage: Bin ich überhaupt im richtigen Netzwerk? Wer Kunden in Frankreich hat, sollte eventuell bei Viadeo sein, Kunden in USA aber auch (wie ich heute erfahre) in Holland erreicht man eher über Linkedin. Und Facebook mausert sich vom StudiVZ-Vorbild mit Saufgelagebilchen aus dem akademischen Umfeld zu internationalen Business-Netzwerk.

* Und wen würde man selbst weiterempfehlen? Sicher jemandem, der seinem selbst mal nützlich war, der freundlich und hilfsbereit ist. So fördert das oberflächlich egomane elektronische Netzwerken in der Tiefe dann doch den Altruismus: "Take it from the net, give it to the net." Vielleicht wird dereinst das Karma ja doch in Qualität/Kontakt gemessen.