Ein kleiner Ort des Widerstands gegen "Abzocke-Verkehrskontrollen"

Eine bayerische Gemeinde stoppt den "Überwachungsdruck"

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Es gibt - nicht nur in der Politik, die sich auf den großen Brettern abspielt - Motive, die öffentlich nicht eingestanden werden. So werden Geschwindigkeitskontrollen offiziell mit der Verkehrsicherheit begründet, aber in der Praxis häufig auch an Straßen durchgeführt, wo der Autofahrer gewöhnlich, im Fluß mit anderen, die vorgeschriebenen Begrenzungen überschreitet, ohne erkennbare Gefährdung von anderen Verkehrsteilnehmern. Die Polizisten, die dort ihre Radar-bzw. Laserpistolenkontrollen durchführen, wissen, warum sie diese Stelle wählen. Der inoffizielle Verkehrsfunk wählt dafür Beschreibungen, die auf eine bestimmte Motivlage hinweisen: "Vorsicht Polizei mit 'Bauchladen' (Sofortkasse)" warnen Rundfunksender und der "Funk" unter Taxifahrerkollegen spricht gar von "Straßenraub".

Der Bürgermeister von Stockheim, einer Gemeinde in Nordbayern, ist eine Ausnahme: Er will "die Gemeindekasse nicht länger auf Kosten der Autofahrer füttern".

Allerdings hat seine Äußerung auch einen besonderen "privaten" Hintergrund: Die Gemeinde hat seit einigen Jahren die Geschwindigkeitskontrollen von einem Unternehmen durchführen lassen, so dass betriebswirtschaftliche Erwägungen zwangsläufig zu Praktiken führten, die Verkehrssicherheit nur mehr als nachrangiges Motiv für die Aufstellung von sogenannten Radarfallen nahelegen. Im Bericht des Bayerische Rundfunks wird der Bürgermeister mit Worten wiedergegeben, wonach "die Privatfirma auch geringe Verkehrsverstöße (verfolge), die von der Polizei nicht als bußgeldwürdig angesehen werden".

Die ersten Jahre hätte das Unternehmen der Gemeinde eine "schöne Nebeneinnahme beschert", heißt es im Bericht. Doch, so geht daraus hervor, wird mittlerweile ein betriebswirtschaftlicher Nutzen nur mehr dann erbracht, wenn das Unternehmen mehr Verkehrssünder ertappt als bisher. Dem steht die Aussage der örtlichen Polizei gegenüber, dass es keinen Unfallschwerpunkt gebe, der regelmäßige Geschwindigkeitskontrollen rechtfertigen würde.

Das Beispiel Stockheim, wo man dem "Überwachungsdruck" Einhalt gebietet, findet, so im Lawblog nachzulesen, die Deutsche Polizeigewerkschaft nachahmenswert.

"Laut ihrem Bayern-Vorsitzenden Hermann Benker gibt es auch anderswo Kontrollen, die nicht der Verkehrssicherheit dienen, sondern nur den städtischen Haushalt aufbessern. Derartige Abzocke müsse ein Ende haben."